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Full text of "HAIN 2"

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per nächste MI A IN BRINGT... 


.. ANGST VOR MYSTIK? Weg zum \lahnsinn oder Iıleg zur Erleuchtung? 


...MALTA : Steinzeitliche Tempel der Großen Göttin. 


.. „BEWUSST SEIN RBB : Timothy Leary, Anton Wilson, Starhawk, Luisa 


Francia und andere kommen zur Berliner New-Age-Tagung. 


...Meditationsübungen, die zweiten Teile der Artikel über Thelema und 
den Gehörnten Gott und eine neue Folge des BERSERKERS. 





56 





INHALT 


VDRWOLEL. een TE ee 


un esneern nr Feen nee DELILE 2 


Mythologie: 
Ber Gehärnbenbokt er Seite 6 
Sernneorenteeeesneeneeee. Seite 


Die Göttin der Morgenröte cceneeeeeennen Seite 15 
Seseseseersenenseene SEITE 


Natur/Heilkunde: 


Hexensalben, Legende oder Wirklichkeit wuarbtarhe Sara Seite 20 


Fantasy: 
Der Berserker, Teil 2 


Kunsesesssennenenhonnne ana ueeeeens Seite 26 


Kulke 

Das Mältestne., ones; Seite 37 
Sonneesnerenseneseneennenserere. Seite 

Gruppen: 


Thelema - oder gibt es noch eine Heilige Inquisition? ....... Seite 45 


Konkalte 
ee ee een ae ee, Seite 52 


Impres 


8 
UM ann ner een een Seite 25 





Liebe Leserin! 
Lieber Leser! 


Nun ist es endlich soweit: aus 
den Tiefen der Erde dringt neues 
Leben ans Licht, die Knospen der 
Blumen öffnen sich, das weiße 
Leichentuch des Winters wird 
abgeschüttelt und überall ist 
frisches, junges Grün! Doch der 
Winter gibt sich nicht so leicht 
geschlagen. Wärme und Frost, 
Sonne, Regen und Schnee wechseln 
sich in wildem Tanz ab. Hoch- 
wasser-Katastrophen suchen den 
Süden Deutschlands heim und in 
der Schweiz und in Österreich 
donnern Lawinen (letztere aller- 
dings vor allem wegen des von 
Menschen verursachten Waldster- 
bens!). Wir Heiden erleben be- 
wußt den Kampf zwischen Thor und 
den Eisriesen, die Befreiung 
Freyas aus der dunklen 
Zwingburg, die Rückkehr Kores 
aus dem Reich des Todes, die 
Auferstehung von Inana, von Ado- 
nis, von Osiris mit. Wir beglei- 
ten das Ereignis mit unseren 
Gedanken, unseren Gebeten, unse- 
ren heiligen Riten. Darum liegt 
ein Schwerpunkt dieser Ausgabe 
des HAINs in der Verehrung der 


Frühlingsgöttin und im baldigen 


Maifest. 

Der Artikel handelt deswe- 
gen über das Maifest und nicht 
über Ostara, weil Matthias und 
ich abschätzen konnten, daß wir 
den Erscheinungstermin zu Ostara 





nicht schaffen würden. Wir beide 
machen eben alle Arbeiten in 
unserer Freizeit. Darum suchen 
wir auch noch hier, in Berlin, 
feste Mitarbeiter für die Redak- 
tion, vorwiegend weibliche. Es 
ist zu Recht bemängelt worden, 
daß fast alle Mitarbeiter des 
HAINs Männer sind, und uns 
selbst ärgert dies am aller- 
meisten, gerade in Bezug auf 
Themen wie die Große Mutter, das 
Matriarchat oder weibliche 
Magie. 

Was nun freie Mitarbeit 
angeht, waren wir überrascht von 
Eurer Aktivität: Wir sind gera- 
dezu überschüttet worden von 
Leserbriefen, Anmerkungen zu 
Artikeln, eigenen Artikeln, 
Gedichten und Essays, Anfragen, 
Lob und Kritik. Dem Ziel, ein 
Forum für den gegenseitigen 
Gedankenaustausch im modernen 
Heidentum zu schaffen, sind wir 
damit schon einen großen Schritt 
näher gekommen! 






„Glaub i ül 
Bin sein heiligstes Gut schießen! 














mir, kein deutscher Jäger würde auf 


Habt "bitte Verständnis da- 
für, daß wir nicht alles sofort 
beantworten, manches erst in 
einigen Ausgaben bzw. gar nicht 
abdrucken können. Außerdem wäre 
es gut, wenn Anfragen künftig 
Rückporto beigelegt würde. So 
mancher wußte nicht recht, wie 
er abonnieren sollte, darum sei 
es noch einmal gesagt: Man 
braucht nur 13,50 DM auf unser 
Konto (siehe Impressum) zu über- 
weisen und uns eine kleine 
Nachricht zukommen zu lassen. Da 
der HAIN Kontakte schaffen möch- 
te, sind unkommerzielle Kontakt- 
anzeioen kostenlos (mit dieser 
Ausgabe trennen wir in mehr 
persönliche "Kontakte" und mehr 
öffentliche "Cruppen - Veran- 
staltungen - Zeitschriften", 
beide Sparten kostenlos), aber 
auch kommerzielle Ilerbeanzeigen 
(siehe Impressum) sind willkom- 
men. ! 

Zwei Leser hatten ausführ- 
liche Anmerkungen zu dem Artikel 
"Rad des Jahres". Wir planen 
deswegen, diese in einer der 
folgenden Ausgaben abzudrucken. 
Ein anderer Leser fand im Kreuz- 
gana der Fürstabtei (Berchtes- 
gaden) Abbildungen germanischer 
Götter, sehr ähnlich denen, die 
im Artikel "Kultstätten des 
Harzes" beschrieben wurden. 

Kritik gab es vor allem an 
der Odins-Zeichnung auf der 
Rückseite bzw. daran, daß der 
germanische Wind-,. Wetter-, 


Todes- (aber auch Fruchtbar- 
keits-)gott nackt dargestellt 
wurde. Mir persönlich kommt 
diese Kritik eher etwas lächer- 
lich vor, da sie mich stark an 
christliche Schamhaftigkeit und 
an den Christengott erinnert, 
der ständig ein Lätzchen um sein 
"Schmutzteil" tragen muß. Uns 
Heiden sollten Natürlichkeit und 
Fruchtbarkeit eigentlich heilig 
sein - oder waren es keine Hei- 
den, die Freyr in Uppsala mit 
Phallus verehrten (von Darstel- 
lungen und Bräuchen aus anderen 
Teilen Europas und der Welt ganz 
abgesehen)? 

Aus Platz- und Zeitgründen 
mußten wir die Artikel über den 
Gehörnten Gott und über den 
magischen Orden "Thelema" leider 
zerteilen. Die angekündigten 
Meditationsübungen 
erst im nächsten HAIN (wir wol- 
len aus diesem Thema eine fort- 
laufende Reihe gestalten), auch 
den Wetter-Artikel müssen wir 
auf inen späteren Zeitpunkt 
verschieben. In der Hoffnung, 
daß Euch der HAIN dennoch Freude 
macht, wünscht Euch ein fröh- 
liches Maifest und den Segen der 
Götter 


erscheinen 


Euer Michael 


Noch eine Anmerkung zum 
Thema "Öffentliche Meinung": Die 
Springer-Presse hat wieder zuge- 
schlagen! In einer siebenteili- 
gen Pressekampagne zog die "Welt 
am Sonntag" systematisch alles 
in den Schmutz, was mit Hexen- 
tum, neuem Heidentum und New Age 
zu tun hat. Leider zeigte sich 
nicht nur der Autor Josef Nyary 
als gelehriger Schüler der Sek- 
tenpfarrer, sondern auch der 
SPD-Kultusminister Hans Schwier 
(Nordrhein-Westfalen) ließ sich 
dazu herab, vor der "Droge Dk- 
kultismus" und vor "Lehrern, die 
sich leichtfertig in der Schule 
als Hexen bezeichnen", zu war- 
nen. Es lebe die Heilige Inqui- 
sition! 


KREISLAUF 


Ich bin ein friedlich grasendes Reh 
und ich bin der reißende Wolf 
der nach seinem Blut dürstet 

Ich bin ein gehetzter Wolf 
Jer vor den Jäger licht 
Jer sein Fell begehrt, 
und ich bin der Jäger 
auf den der Tod wartet 
Jamit die Erde 


Tu . 
meinen Körper verschlingen kann. 


Martin Coleman 


DAS UN - TIER. 


Die Brennessel im Blumenbeet 
ist für ihn Unkraut. 
Finen versehentlich entschlüpften Furz 
betrachtet er als Unart. 
Finen Kindesverführer 
nennt er einen Unhold. 
Einen hungrigen Wolf 
sicht er als Ungehener, 
doch er selbst 
benimmt sich wie ein Un - Tier. 


Martin Coleman 














Der Gehörnte 


",..Und wir rufen Dich, oh 
mächtiger Jäger..." Durch das 
Dunkel meiner geschlossenen Au- 
gen dringt die volle Stimme Cays 
zu mir. "..Wilder Gott... 
Rauschgott... trunkener Jüng- 
ling... Befreier, der die Ek- 
stase bringt... der die Weisheit 
bringt... die Fackel trägt... 
Lucifer... Geliebter... Lieben- 
der in dunkler Nacht... sterben- 
der und wieder auferstehender 
Gott, Herr des Lebens, Herr des 
Todes, Herr des Tanzes, Sonnen- 
kind, Hirsch, Stier, Bock, Tän- 
zer, Flamme in uns, Dionysos! 
Pan! Odin! Cernunnos! Osiris! 
Tammuz!I Balder! Hades! Sol! 
Paaaaaanl I" 

Stille. Der letzte Name war 
schon fast ein Schrei gewesen. 
Ich öffne meine Augen nicht. Ich 
höre nicht zum ersten mal eine 
Anrufung und ich höre auch nicht 
zum ersten mal, wie eine tiefe, 
sanft schmeichelnde Stimme von 
plötzlicher Erregung gepackt in 
ein wildes Rufen umschlägt. 

War es Cays Stimme? Das 
spielt keine Rolle mehr. Wir 
stehen in einem Kreis, halten 
uns an den Händen, haben die 
Lider geschlossen. Nacheinander 
rufen wir den Gott, so wie wir 
zuvor die Göttin gerufen haben. 
Wessen Stimme erklingt, das ist 
ganz gleichgültig, denn in dem 


GOTT 


Moment der Anrufung ist es die 
Stimme des ganzen Kreises, die 
Stimme des Kosmos, die einzige 
Stimme, die existiert im Dunkel 
und deren Worte das sind, was 
wir alle in dem Moment denken, 
fühlen, erleben. 

In der entstehenden Pause 
merke ich, wie mich die leichte 
Trance wieder verläßt. Ich weiß 
nun genau, daß die Hände, deren 
lockeren Griff ich spüre, zu 
Lilith und zu Morgaine gehören 
und daß nach Cay Morgaine mit 
der Anrufung dran sein wird. Da 
höre ich bereits ihre leise, 
warme Stimme: "Ich grüße Dich, 
Gehörnter Gott..." 

Der Gott ist gehörnt im 
Hexenkult der Wiccas. Er ist es 
nicht immer, aber oft. Er hat 
viele Gesichter, viele Gestal- 
ten, viele Namen. Häufig heißt 
er Pan oder Cernunnos nach ge- 
hörnten Göttern des Altertums, 
obwohl er genausogut Freyr, 
Uller, Lug, Saturn oder Krishna 
genannt werden könnte. Es ist 
schwierig, einem Außenstehenden 
etwas von seinem vielseitigen 
Wesen verständlich zu machen. Er 
entzieht sich der Erklärung mit 
satyrhaftem Lachen und offen- 
bahrt sich der Empfindung, spot- 
tend wie Mephistopheles, denn 
die Empfindung sieht ihn, aber 
sie ist stumm. 


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So tastet sich der Logiker 
in mir anhand von Bildern, Asso- 
ziationen, Visionen in dieses 
Minotauros-Labyrinth hinab. Ich 
weiß, daß Hexen selten Dogmati- 
ker sind. Der Gehörnte ist eine 
Kraft, und im Ritual verwenden 
Hexen alle Götternamen, die sie 
mit dieser Kraft identifizieren 
können. Diese Kraft wird als 
männlich empfunden wie die Kraft 
der Großen Göttin als weiblich 
gilt. Und genauso, wie die Große 
Göttin alle Aspekte der Weib- 
lichkeit in sich vereinigt, 
spiegelt der Gehörnte alle Er- 
scheinungsformen des Mannes wie- 
der: Kind, Greis, Jüngling, Ge- 
liebter, Bruder, Vater, Tänzer, 
Jäger, Opfer, Beschützer usw. 

Dennoch werden bestimmte 
Aspekte des Männlichen stärker 
bei ihm betont als andere. Er 


hat z.B. eine deutliche 
Beziehung zu allem, was 
gehörnt ist. Er wird oft 
als Jäger (aber auch als 
das Jagdwild selbst), 
als Herr der Wälder, der 
Natur verstanden. Er 
gilt selbst als wild, 
triebhaft, mit dem 
Rausch und mit der Frei- 
heit verbunden. Er be- 
freit das Bewußtsein in 
der Ekstase von allen 
Fesseln. Er vermittelt 
neue Erfahrungen, er 
weiht ein in die Myste- 
rien. Er ist verbunden 
mit dem Rad des Jahres, er ist 
das Sonnenkind, der Erntekönig 
und der Sterbende Gott. So wird 
er selber zum Herrn des Todes, 
dem Unterweltskönig und Führer 
der Geisterreiter. Als Herr des 
Todes ist er unlösbar mit dem 
Orgasmus (dem "kleinen Tod"), 
der Lust, der Zeugung, ja sogar 
dem Leben einerseits, mit der 
Einweihung in tiefe Geheimnisse, 
dem Tod des Alten Ichs und der 
Geburt des Neuen Ichs, der reli- 
giösen Ekstase und der Weisheit 
andererseits verbunden. Er ist 
ein Kreis von Assoziationen ohne 
Ende und zugleich ein unüber- 
blickbares Netz von Querverbin- 
dungen. Der Logiker in mir ist 
geschafft und zieht sich grau- 
send an die Oberfläche zurück. 
Vielleicht begreife/ergrei- 
fe ich mehr von Ihm, wenn ich 

















mir Seine früheren Inkarnationen 
anschaue. 

Als erstes begegne ich Ba- 
phomet. Auf dem inzwischen klas- 
sisch gewordenen Kupferstich von 
Eliphas Levi (*1) hat er den 
Kopf eines Ziegenbocks, männli- 
che Schultern und Arme, weibli- 
che Brüste und schwarze Schwin- 
gen. Zwischen seinen Ziegen- 
beinen ragt als Phallus ein 
Hermes-Stab empor und auf seiner 
Stirn lodert eine Fackel. Seine 
Linke weist in die Tiefe, auf 
eine schwarze Mondsichel und 
trägt die Tätowierung "Coagula" 
(von lat. "cogere" =sammeln, 
zwingen), seine Rechte zeigt in 
die Höhe, auf eine weiße Mond- 





"Solve" (von "solvere" =lösen). 
Auf seiner Stirn ist ein Penta- 
gramm. 

Für Levi scheint Baphomet 
ein Symbol für die kosmische 
Ganzheit oder die Vereinigung 
der Gegensätze (Mensch/Tier, 
Frau/Mann, Sammeln/Lösen, Oben- 
/Unten, Hell/Dunkel, Hermes-Stab 
mit den beiden, ihn umwindenden 
Schlangen) gewesen zu sein, aber 
dadurch auch für Weisheit und 
Erkenntnis stehend (Flügel, Pen- 
tagramm, Fackel, Hermes als Gott 
der Einweihung). Auf dem Bild 
scheint der Ziegenkopf zu lä- 
cheln, seine Augen jedoch sind 
konzentriert. Der Gehörnte kann 
ein neckischer Spaßmacher sein, 
aber begehe nie den Fehler, ihn 
zu unterschätzen! 


Baphomet... woher kommt er 
eigentlich, dieser Gott, Dämon 
oder was immer er ist? Für Levi 
war er identisch mit dem Bock, 
den die Hexen im Mittelalter auf 
ihren Sabbaten umtanzt haben 
sollen, aber eigentlich taucht 
sein Name das erste Mal im Zu- 
sammenhang mit einer der angese- 
hensten Institutionen der Kirche 
auf - dem Templerorden. 

Dieser Mönchsorden für Rit- 
ter wurde im Gefolge des ersten 
Kreuzzuges nach Palästina 1119 
u.Z. gegründet. Wie andere Rit- 
terorden (der Johanniter- bzw. 
Malteserorden und der Deutsch- 
ritterorden) nahm er sehr rasch 


an Reichtum und Macht zu, was 
dem König von Frankreich - in 
seinem Staatsgebiet hatte der 
Orden seinen Sitz und größten 
Einfluß - bald ein Dorn im Auge 
war. Hinzu kam, daß der franzö- 
sische König in einer schlimmen 
finanziellen Misere steckte und 
die großen Besitztümer der Temp- 
ler ihn lockten. Also wurde der 
Orden der Ketzerei angeklagt, 
die Ritter verhaftet und ver- 
hört. Nach sieben Prozeßjahren 
hob der Papst 1312u.Z. den Orden 
auf und seine Führungsspitze 
wurde exekutiert. 

Die Verhöre konzentrierten 
sich hauptsächlich auf die Auf - 
nahmeriten, bei denen der Novize 
auf Mund, Nabel und Rückrat 
geküßt wurde bzw. den ihn Ein- 
weihenden auf das Gesäß küßte. 
Danach sollte der Novize 
Christus abschwören, auf einem 
Kruzifix herumtreten und ein 
bärtiges Haupt aus kostbarem 
Metall wurde auf den Altar ge- 
stellt. Um dieses lag eine weiße 
Schnur, mit der sich der Einge- 
weihte von nun an unter seiner 
Kleidung gürten sollte. Das bär- 
tige Haupt (in den Protokollen 
oft als "Haupt des Baphomet" 
bezeichnet) tauchte noch bei 
anderen Ordensversammlungen auf 
und wurde dabei verehrt. Einige 
Tempelritter hatte es so 
beeindruckt, daß sie bei seinem 
Anblick zitterten und sich ver- 
wirrt fühlten. 


Natürlich ist der Wert die- 
ser Aussagen stark dadurch ge- 
mindert, daß sie unter Zwang; 
möglicherweise unter Folterung 
entstanden. Dennoch wirken sie 
untereinander SO individuell, 
daß das Körnchen Wahrheit in 
ihnen stark wahrscheinlich wird, 
zumal das ganze Ritual einen 
inneren Sinn aufweist. Da dieses 
bereits an anderer Stelle aus- 
führlich interpretiert wurde 
(*2), will ich mich hier nur auf 
das Haupt konzentrieren. Es ist 
ungehörnt und dennoch hat Levi 
recht, wenn er es mit dem Sab- 
bat-Bock gleichsetzt: Es reprä- 
sentiert die männliche Kraft 
schlechthin, jenseits des Dua- 
lismus von hell und dunkel, gut 
und böse. Von diesem Dualismus 
sagten sich die Templer los, 
indem sie Christus, den Reprä- 
sentanten des Einseitig-Lichten, 
zerstörten und sich einer 
ursprünglicheren Gestalt zuwand- 
ten. Zugleich waren sie selber 
fixiert auf das Männliche, wie 
ihre homophilen Aufnahmeriten 
zeigen (angeblich sollen sexUu- 
elle Kontakte der Tempelritter 
untereinander gestattet gewesen 
sein) (*3). 

Von Levis "Baphomet" aus 
geht also nicht nur ein Strang 
zurück in die Zeit, zu dem Ba- 
phomet der Tempelritter, sondern 
ein zweiter führt uns zum Bock 
des Hexensabbats, wie er uns 
während der Hexenjagden des 16. 








und 17.Jahrhunderts entgegen- 
tritt. Leider bleibt uns auch 
hier nichts anderes übrig, als 
auf die Schriften der Verfolger 
zurückzugreifen, denn die Hexen 
selbst waren des Lesens und 
Schreibens nicht mächtig und 
studierte Gegner der Hexenver- 
folaungen (Ärzte, Theologen und 
Juristen) konnten trotz aller 
Kritik an den Praktiken den 
Boden der christlichen Lehre 
niemals verlassen. So wissen wir 
nicht, wieviel bei den erfolter- 
ten "Geständnissen" versteckte 
heidnische Wahrheit und wieviel 
pure Erfindung der Hexenjäger 
ist - oder wieviel sogar 
auf Halluzinationen durch 
Drogen (die sogenannten 
"Flugsalben" der Hexen) 
zurückgeht. Wir können 
auch nicht die bequeme 
Anschauung mancher moder- 
ner Hexen teilen, die 
alle angenehmen Momente 
des Sabbats (Tänze, Lie- 
besorgien, Anbetung des 
Gehörnten bzw. von Göt- 
tern usw.) als wahr und 


10 


die Kehrseiten der Schilderungen 
(Giftmischereien, Kindesmorde, 
verschiedene fetischistische Ab- 
artigkeiten usw.) als erlogen 
ansehen. Hlir müssen einfach 
zugeben, daß wir es nicht wis- 
sen. Die erpreßten Beschreibun- 
gen des Hexensabbats lassen sich 
ebensoqut aus der Sicht alter 
heidnischer Bräuche interpretie- 
ren, wie es möglich ist, ihn aus 
all jenen  \lahnvorstellungen 
heraus zu erklären, die beziig- 
lich Ketzerei innerhalb von 
Jahrhunderten in der Kirche 
hochgewuchert waren (*4). 





Darum begrüßt uns auch der 
Sabbatbock dieser Zeit in einem 
Zwielicht, in dem wir nicht 
erkennen können, ob ein verzerrt 
gezeichneter Waldgott oder Luzi- 
fer vor uns sitzt (wobei letzte- 
rer selbst die Verzerrung alter 
Götter ist, wie wir noch sehen 
werden). Er empfängt uns inmit- 
ten des wüsten Treibens der 
nächtlichen Hexenversamnlung auf 
einem goldenen oder schwarzen 
Stuhl. Aus seinem Kopf ragen 
drei große Hörner (manchmal auch 
mehr, manchmal nur zwei), deren 
mittleres leuchtet, heller noch 
als das Licht des Mondes. Sein 
Körper ist halb der eines Men- 
schen, halb der eines Ziegen- 
bocks. Gelegentlich zeigt er 
sich ganz und gar als Bock oder 
als schwarzer bzw. schwarzge- 
kleideter Mann, der oft noch 
einige Bocksattribute (Hörner, 
gespaltene Hufe als Füße, 
Schwanz) besitzt. Besonders, 
wenn er nicht als Herr des Sab- 
bats, sondern als nächtlicher 
Liebhaber der Hexen auftritt, 
überwiegen die menschlichen At- 
tribute. In Bocksgestalt trägt 
er Hexen zum Sabbat, wenn sie 
nicht auf Besen, Heugabeln oder 
ohne Hilfsmittel fliegen, in 
Bocksgestalt ist er auf den 
Hostien dargestellt, die bei der 
Verhöhnung der christlichen 
Messe verwendet werden. Auch 
anderes antichristliches Tun 
wird ihm zugeschrieben: Er for- 


dert vom Neuling, daß dieser dem 
christlichen Glauben abschwört 
und den Teufel anbetet, läßt 
sich von seinen Anhängern auf 
die linke Hand, die Brust, das 
Glied und den After küssen, hält 
Schwarze Messen (Umkehrungen des 
christlich-katholischen Ritus), 
ermuntert die Versammelten dazu, 
den Christen möglichst viel Bos- 
heiten und Schaden zuzufügen, 
läßt sich Geld, Brot, Eier und 
andere Dinge opfern und treibt 
Geschlechtsverkehr mit Frauen 
und Männern auf alle nur erdenk- 
liche Arten. 








Wie bereits erwähnt wissen 
wir nicht, wieviel von solchen 
(besonders letzteren) Schilde- 
rungen der lüsternen Phantasie 
lebenslang in ihrem Sexualtrieb 
unterdrückter Mönche entsprang, 
sie bleiben aber im Bereich der 
Möglichkeit. Schon aus der 
Antike wissen wir von bestimmten 
Festtagen, an denen die starre 
Gesellschaftsordnung aufgehoben 
wurde und alle Tabus erlaubt 
waren. Wenn in den erfolterten 
Berichten also immer wieder In- 


11 














zest, Homosexualität, Sadomaso- 
chismus usw. auftauchen, dann 
könnte das auf ein Fortleben 
dieses Rrauchs unter der einfa- 
chen Bevölkerung hindeuten, auf 
ein gelegentliches Ausbrechen 
aus dem Joch sozialer und sexu- 
eller Unterdrückung (und wer 
kennt nicht die Parallelen aus 
dem heutigen Faschingsbrauchtum, 
zu dem sexuelle Freizügigkeit 
ebenso dazugehört wie närrisches 
Sich-lustig-machen über Re- 
spektspersonen?). 

Darüberhinaus ist der Bock 
an sich bereits ein Symbol der 
Fruchtbarkeit und Triebhaftig- 
keit. Seine Hörner (die bei kaum 
einer Teufels-Narstellung fehlen 
dürfen) erinnern an den Phallus, 
zugleich symbolisieren sie als 
Waffen selbstbewußte, souveräne 
Kraft. Der Ziegenbock gilt als 
unermüdlich in seinem Fortpflan- 
zungstrieb und als wild, sprung- 
haft, unberechenbar. Wir werden 
diese \esenszüge noch in Göttern 
wie Pan oder Dionysos wiederfin- 
den, an dieser Stelle genügt uns 
die Vorstellung, wie ein solches 


12 


Wesen auf einen einseitig ver- 
aeistigten, Erotik und Lust an 
der Erotik als Sünde betrachten- 
den Juden bzw. Christen gewirkt 
haben muß: ein Sinnbild der 
Verworfenheit! 

Beteten die Hexen des Mit- 
telalters einen Gehörnten Gott 
an oder nicht - daß der Bock ‚als 
Teufelsgestalt herhalten mußte, 
war von vorneherein eine von den 
Inquisitoren beschlossene Sache. 
Möglicherweise verdrängte er 
dabei die Große Gättin, die 
moderne  Nexen anbeben. Fine 
weibliche Gegenspielerin Jahwes 
paßte nicht so gut in das Welt- 
bild der Pfaffen, in dem zwar 
Frauen Gefäß für alle Sünden 
sein mußten (90% der hingerich- 
teten Hexen waren Frauen!), eine 
dominante Rolle jedoch sogar bei 
der "Gegenpartei" ausgeschlossen 
war. Das einzige, was in diese 
Richtung weist, ist die "Königin 
des Hexensabbats", die in man- 
chen Protokollen erwähnt wird, 
eine erwählte Hexe, die neben 
Satan auf einem Thron sitzt. 
Alles andere bleibt im Dunkel 





der Geheimnisse, des Schweigens, 
der Lügen und Verdrehungen. 

Wenn die Hexen damals - 
oder einige von ihnen, wir müs- 
sen regionale Unterschiede immer 
im Auge behalten, es hat ja nie 
eine allgemeine, in sich ge- 
schloßene Heiden- oder Hexenre- 
ligion gegeben! - einen Gehörn- 
ten anbeteten, dann haben sich 
eventuell einige Bruchstücke 
dieser Religion in Form von 
Sagen und Legenden erhalten. Wir 
wollen dieser Frage in der näch- 
sten Ausgabe des HAINs nach- 
gehen... 


Michael Frantz 


Anmerkungen: 

(*1) Eliphas Levi war ein 
französischer Magier (1810 - 
1875). Der Stich erschien das 
erste Mal in seinem Buch "Trans- 
cendental Magic". 

(*2) Gerhard Zacharias geht 
in "Satanskult und Schwarze Mes- 
se" (1979, Herbig) auf den Sei- 
ten 103-105 auf die Symboliken 
des Kusses, der Kreuz-Zerstö- 
rung, des Haupts und des Gürtels 
ein. Ich möchte dazu nur anmer- 
ken, daß die Symbolik des Gür- 
tels als "Kraft-Speicher" weit 
verbreitet ist und heutige Hexen 
oft eine ähnliche Schnur auf 
ihrem Körper tragen und daß 


ebenfalls häufig die Symbolik 
des Kopfes als Lebenszentrum, 
Kraft-Zentrum, Zentrum magischer 
Macht angetroffen wird (Mimirs- 
Sage in der Edda, Schädelkult 
der Kelten, Kopf jagd im Pazifik, 
der Brauch, aus der Hirnschale 
eines Feindes zu trinken: der- 
artige Kelche aus Hirnschalen 
wurden noch beim kirchlichen 
Johannes-Fest im Mittelalter 
verwendet). 

(*3) Um die innere, geheime 
Lehre der Tempelritter ranken 
sich seit Zerschlagung des ÜUr- 
dens zahlreiche Gerüchte und 
Legenden und es gibt wohl kaum 
eine mystisch-esoterische Ge- 
sellschaft, die nicht behauptet, 
direkt oder indirekt von den 
Templern abzustammen (Freimau- 
rer, Rosenkreuzer, 0.T.0., der 
ariosophische 0.N.T., um nur die 
bekanntesten zu nennen). 

(*4) Historische Belege für 
Hexen-Versammlungen habe ich 
leider - außer besagten "Ge- 
ständnissen" - nicht finden kön- 
nen (HAIN-Leser, die zu diesem 
Thema etwas beitragen können, 
bitte ich um Mitarbeit!). Was 
die Existenz von Hexen und Zau- 
berern angeht, so bemerkt der 
Anthropologe Max Marwick dazu 
treffend: "Die Gesetze (der 
christianisierten Germanen) wim- 
meln von Maßnahmen gegen Zaube- 
rer". Das spanische Gesetzeswerk 
"Fuero Juzgo" spricht von jenen, 
die "nachts dem Teufel opfern", 


13 




















und die Synode von Liftinae 743 
Ueli verurteilt den Glauben, 
"daß Frauen den Mond bezaubern" 


(nach anderer Lesart: die 
"Meinung, als beschwören die 
Weiber den Mond"). Überhaupt 


sind die Beschlüßse jener Kir- 
chenversammlung eine Fundgrube 
nicht nur alter heidnischer 
Bräuche und Vorstellungen, son- 
dern auch von Aussagen über das 
germanische Zauberer- und Hexen- 
lesen (kommentierte Ausgaben: 
Franz Widlak: "Die abergläubi.- 
schen und heidnischen Gebräuche 
der alten Deutschen", Armanen- 
Verlag; Anton J. Binterim: "Von 
dem Aberglauben der deutschen 
Christen im Mittelalter", 1977 
Asgard-Edition der Arbeitsge- 
meinschaft für Neligions- und 
Weltanschauungsfragen). 





14 


Eigenwille 


Ich folgte über'n Gartenzaun 
mit meinem Blick ner Fliege. 

Da sah ich Nachbars Lindenbaum, 
beschnitten war'n die Triebe. 
Da dacht! ich: 

Der Nachbar weiss wohl kaum 
was über wahre Naturliebe, 
denn der Baum hält eh nicht 

stild, 
bringt Jahr für Jahr neue 
Triebe. 


Martin Coleman 


MEDITATION 


Trete aus der Welt des Lärmens 
und der äußeren Sinne in 

die Stille des Inneren 
Universums der Stimme 


Deines Herzens betrachte schwei- 
gend 

geöffnet die Bilder deiner Seele 

deren Geist im Universum ist 


Kehre zurück in die Welt der 
Sinne des brandenden Lebenslärm 
Sehe, verstehe und tue 

was du zu tun hast mit der Kraft 


Deines Herzens und der Schönheit 


deiner grenzenlosen Seele 
die da frei atmet im Weltenhauch 


Rudolf A. Goldmann 


Die Göttin 
der Morgenröte 


Aus den wirren, hekti- 
schen Träumen einer unruhigen 
Nacht erwache ich mit noch 
halbbetäubtem Schädel, während 
ich, mich in meinem Bett wum- 
herwälzend, langsam das Be- 
wußtsein meines Körpers zu- 
rückerlange. Ich erhebe den 
Kopf aus der Tiefe der Kissen 
und luge vorsichtig über den 
Rand meiner Bettdecke. Ge- 
blendet zucke ich etwas 
zuriick, als ich den Glanz des 
rötlich-golden erleuchteten 
Himmels erblicke. Unbarmherzig 
dringt das Licht des östlichen 
Himmels durch das Fenster des 
Zimmers in meine Augen, gießt 
die Kraft seiner Strahlen in 
mein verschlafenes, dumpfes 
und noch etwas mürrisches Ge- 
sicht. Aber diese Sinfonie aus 
Licht und Farben scheint in 
mir eine Kraft entzündet zu 
haben, die mich herausreißt aus 
dem Meer des Unbewußten, in dem 
ich nächtlich umhertauchte und 
schwamm. Plötzlich tauchen in 
meinen Geist Bilder von Plänen 
für den kommenden Tag auf - und 
alle Muskeln meines Körpers 
straffen und spannen sich in 
Erwartung kommender Aufgaben, 
die meine ganzen Kräfte erfor- 
dern. Aufbruch eines neuen 
Tages! 





So eile ich, aus dem Bett 
springend, zum Altar der Sonne 
am östlichen Fenster. Ich danke 
der Göttin Morgenröte, daß sie 
mit ihrer Fackel meine Seele 
entflammt hat. Dann harre ich am 
Altar des Aufsteigens jenes 
Gottes, dem sie vorangeschritten 
ist. 

Das hier geschilderte, 
durchaus alltägliche Erlebnis 
spiegelt sich in vielen Phasen 
des Lebens im Reich der Natur- 
kräfte und des Menschen wieder. 


15 








0b wir an die Erneuerung des 
Lebens der Erde im Frühling 
denken, an den Beginn einer 
neuen geschichtlichen Epoche, 
die durch eine Revolution einge- 
leitet wurde - oder auch den 
Neuanfang eines Menschen, der 
nach seiner lInitiation sein 
Leben umgestaltet - stets ist es 
die lebendige Kraft einer 
Göttin, die von allen Völkern 
des Altertums verehrt und ge- 
liebt wurde. Als antreibende 
<raft des aufsteigenden Lebens, 
der neu entstehenden Bewußtheit 
nach langer Nacht, war sie 
immerhin so bedeutsam, daß sie 
nahezu alle Strukturwandlungen 
der mythologischen Systeme im 
eurasischen Raum überstanden 
hat. So hat selbst die ausge- 
sprochen patriarchalische alt- 
indische Religion an der Ver- 
ehrung der Göttin festgehalten, 
die im 300N-4000 Jahre alten 
Rigveda als USRA bzw. in der 
Mehrzahl als USHAS (=die Morgen- 
röten) angesprochen wird. In 
mehr als 20 Hymnen verklären sie 
die rigvedischen Sänger als 
"Himmelstochter, Jungfrau, röt- 
lich stahlende Göttin", als 
"Schimmernde", die dem Anbeten- 
den ihre Schönheit enthüllt, mit 
ihren roten Kühen Feindschaft 
und Finsternis vertreibt. 

Auch die Litauer, deren 
Sprache manche Ähnlichkeit mit 
dem altindischen Sanskrit auf- 
zuweisen hat, verehrten eine 





NM N. 


j 


Göttin namens AUSZRA. 

Die alten llienden hatten in 
der Stadt Jüterbog südlich von 
Berlin einen Tempel für die 


Göttin errichtet, der noch Mitte 
des 16. Jahrhunderts gestanden 
haben soll. 

Bei den Römern ist es die 
AURORA, die genau der griechi- 
schen EOS entspricht. Von der 
innigen Beziehung des griechi- 
schen Menschen zur Göttin der 
Morgenräte künden uns die orphi- 
schen Hymnen aus dem 6.Jhdt. vor 
der Zeitenwende, im denen sie 
als "strahlenglänzende EOS" und 
"Tempelhüterin des Lebens" ge- 
priesen wird. Man dankt ihr, daß 
sie "dein sterblichen Sein ein 
tätiges Leben gibt" und bittet 
sie um Mehrung des heiligen 


Lichtes. In der Symbolik des 
griechischen Mythos öffnet sie 
dem Sonnengott mit Rosenfingern 
die goldene Pforte und streut 
Rosen auf seinen Weg. Für Homer 
ist sie die "Göttin auf goldenem 
Thron", "die Frühgeborene", "die 
draußen am Rande der Welt wohnt" 
(homerische Hymnen). 

Gewisse Parallelen zu die- 
ser Göttin gibt es auch in den 
orientalischen Mythen der Kana- 
aniter, wo sie uns unter dem 
Namen ASTARTE begegnet. In der 
mittelalterlichen Dämonologie 
taucht vermutlich die gleiche 
Gottheit als der hermaphrodi- 
tische Dämon ASTAROTH auf. Bei 
den Babyloniern und Sumerern 
wurde sie als ISHTAR verehrt. 

Aus all diesen verschiede- 
nen Namensformen hat Paul Herr- 
mann eine indogermanische 
Grundform erschlossen, die AUS0OS 
oder AUSRO lauten würde. 

Aus welchen Quellen ist uns 
nun diese Göttin als mytholo- 
gische Gestalt der altgermani- 
schen Religion bekannt? 

Nun, es war der angelsäch- 
sische Mönch Beda Venerabilis 
(674-735), der in seiner Schrift 
"De temporum ratione", c.13 eine 
Göttin erwähnt, die für die 
Namensgebung des Monats April 
(Esturmonath oder Eosturmonath) 
bei den Angelsachsen verantwort- 
lich sei. Er führt dabei folgen- 
de Namensformen für die Göttin 
auf: "Eostra, Eostrae, Eostre", 


Jakob Grimm hat in seiner "Deut- 
schen Mythologie" aus diesen 
Angaben zu Recht den Schluß 
gezogen, daß der althochdeutsche 
Name des Osterfestes, Ostarun, 
dieser Göttin seinen Ursprung 
verdankt. Der von ihm daraus 
erschlossene Name OSTARA ist 
jedoch insofern eine hypothe- 
tische philologische Konstruk- 
tion. Dies muß leider mit aller 
Deutlichkeit festgestellt wer- 
den, auch wenn der Gottesname 
0OSTARA im populären heidnischen 
Schrifttum immer wieder mit 
ungeprüfter Selbstverständlich- 
keit aufgeführt wird. Denken wir 
dabei auch an die englische 
Bezeichnung für das ÜUsterfest: 
Eastre oder Easter. 

Hierbei stoßen wir natür- 
lich auch auf die Tatsache, daß 
die Göttin in der Edda nament- 
lich nicht erwähnt wird. Auch 
das Fehlen anderer schriftlicher 
Quellen verleitete manche Reli- 
gionsforscher zu der Annahme, 
daß eine Göttin OSTARA, wie bei 
Grimm behauptet, nur eine Fik- 
tion sei. 

Wir treffen aber in der 
Edda auf eine Göttin der Liebe, 
der Schönheit und des Kampfes - 
und dies ist ein weiterer 
Schlüssel zum Wesen der Göttin 
der Morgenröte. Denn FREYA ist 
identisch mit der antiken VENUS- 
APHRODITE, die zugleich als 
Morgenstern (nämlich der Planet 
Venus!) verehrt wurde. Die Mor- 











genstunde als Zeitpunkt des er- 
sten Lichtes und der Erleuchtung 
ist aber ein entscheidendes 
Kennzeichen beider Göttinnen 
(EOS und APHRODITE). Dies wurde 
in einem konkreten Attribut in 
den Beschreibungen und Darstel- 
lungen der Aphrodite immer 
wieder zum Ausdruck gebracht: 
Der Fackel, bzw. einem Fackel- 
paar. Fbenso heißt es auch im 
"Pervigilium Veneris", einer 
Gebetshymne des Aphrodite-Venus- 
Heiligtums von Eryx (Nordwest- 
sizilien): "Der Morgenstern mit 
dem Fackelpaar verfolgt den 
fliehenden Wagen, doppelte 
Gottheit, die wir Stern nennen 
und Genius der Aphrodite, und es 
begleiten ihn die Schwestern, 
welche an die Vergangenheit die 
Zukunft binden. Die erhobene 
Rechte erleuchtet den Abstieg 
der Nacht; die Fackel der Linken 
ergießt sterbend das Licht der 
Morgenrüöte in aufsteigender 
Glut, Fackelträgerin des Sonnen- 
onttes, wmgürtet von seinem 
Schimmer!" 

Die babylonische ISHTAR 
wird in einem Hymnus als 
"Leuchtende Fackel Himmels und 
der Erde, Licht aller Lande" und 
als "Feuerbrand, der gegen die 
Feinde aufleuchtet" bezeichnet. 

Aus all diesen Zusammen- 
hängen wird deutlich, daß die 
Göttin der Morgenröte ein Aspekt 
(Tochter oder vielleicht Inkar- 
nation) jener Göttin, ist, die 


18 


wir unter dem Namenszusammenhang 
FREYA-VENUS-APHRODITE kennen. 
Aber eben nur ein bestimmter 
Aspekt, nämlich der des aufstei- 
genden Lichtes, während ihr an- 
derer Aspekt, der Abendstern, 
die Rückkehr des Lichtimpulses 
in die Welt der Nacht ankündigt. 

Die Parallele zwischen 
germanischer und antiker Mytho- 
logie wird noch überaus deut- 
licher, wenn wir ihre Beziehung 
zum Sonnengott betrachten, mit 
dessen Erscheinung sie ja im 
Tageslauf eng verbunden ist. 
FREYA ist Schwester und zugleich 
auch Gemahlin des Sonnengottes 
FREYR. Ebenso eng verbunden ist 
AURORA-ENDS dem Sonnengott, sie 
läuft vor seinem Wagen, verkün- 
det sein Kommen. EOS war die 
Schwester des HELIOS. 


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Hier schließen sich die Vegetation. Im Tierkreis steht 


Kreise der Mythen und wir kehren an dieser Stelle im Jahreskreis- 
wieder zurück zur Stellung der lauf der Widder, vermutlich als 
"EOSTRAE" (OSTARA) im heiligen Sinnbild eines gehörnten Urgot- 
Rad des Jahres. Sie steht hier tes. Die Wärme der Göttin bringt 
am Zeitpunkt der Frühlings-Tag- das letzte Eis des todbringenden 
undnachtgleiche: Als Verkünderin Winters zum Schmelzen, dessen 
der zunehmenden Lichtfülle, die Wasser wir am Ostermorgen in 
von jetzt ab über die Finsternis heiligem Schweigen schöpfen. 
dominiert - aber nicht allein Laßt uns eins werden mit der 
tritt sie uns entgegen, sondern Göttin, indem wir in der Stunde 
in inniger Gemeinschaft mit dem der Morgendämmerung unsere Augen 
Lichtgott, mit dem sie sich in gen Osten richten! Und wenn 
Fruchtbarkeit ersehnender Lust unsere Lippen die Laute ihrer 
verbindet. Ihr zu Ehren feiern heiligen Namen formen, werden 
wir deshalb nicht nur die ewigen diese mehr sein als philolo- 
Mysterien geschlechtlicher Wonne gische Fossilien vergangener 
(Walpurgis), sondern entzünden Kulturen. Aber auch nur dann! 


auch die Osterfeuer als Sinnbil- 
der der Morgenröte des neuen 


Jahres, der fruchtbar werdenden Matthias Wenger 


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(erscheint April/Mai 1988) 


Geza von Nemenyi 


Heidnifche Naturreligion 


Altüberlieferte Glaubensvorftellungen, Riten und Bräudıe 


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mit den überlieferten Ritualen. Aus dem Inhalt: Runen,Hexen, 
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19 








HEXENSALBEN 
Legende oder Wirklichkeit 


Obwohl schon viel über die 
Wirkung von sogenannten Hexen- 
salben oder Flugsalben geschrie- 
ben wurde - angefangen bei den 
Protokollen der Hexenprozesse 
bis zu manchem alternativen 
Kräuterbuch - ist mir keine au- 
thentische Rezeptur für solche 
Salben bekannt geworden. Die 
wenigen Vorschriften, die bis 
heute überliefert sind, sind 
entweder unvollständig - insbe- 
sondere in Bezug auf die Mengen- 
angaben - oder aber im Lauf der 
Zeit so mit Beschwörungsformeln 
und "unsinnigen" Zutaten ausge- 
schmückt worden, daß der eigent- 
liche Inhalt nicht mehr zu re- 
konstruieren ist. Allerdings 
sind auch die Beschwörungen für 
die Wirkung der Salbe wichtig, 
um den Anwender in eine entspre- 
chende Stimmung zu versetzen, 
denn sonst schlägt die halluzi- 
nogene Wirkung leicht zu einem 
"Horrortrip" um. 


Allerdings ist man nicht 
nur auf Spekulationen angewie- 
sen, wenn es um die Zusammenset- 
zung von Hexensalben geht. Viele 
Pflanzen enthalten Stoffe, die 
die Psyche oder die Wahrnehmung 
des Menschen beeinflussen kön- 
nen. 


20 


Die wohl wichtigste Pflan- 
zengruppe, deren Mitglieder in 
Hexensalben verwendet werden, 
ist die Gruppe der Nachtschat- 
tengewächse (Solanaceae). Beson- 
ders wichtig für die Wirkung 
sind die sogenannten Tropanal- 
kaloides L-Hyoscyamin, Atropin 
(DL-Hyoscyamin) und Scopolamin. 
In niedrigen Dosierungen bewir- 
ken diese Alkaloide Mundtrocken- 
heit. Die Pupillen werden erwei- 
tert, weshalb z.B. Tollkirschen- 
zubereitungen schon in der Anti- 
ke von Frauen verwendet wurden 
(der lateinische Beiname der 





Tollkirsche bella-donna bedeutet 
schöne Frau). In höherer Dosie- 
rung treten Wirkungen auf das 
zentrale Nervensystem in den 
Vordergrund. L-Hyoscyamin und 
Atropin wirken erregend auf die 
Großhirnrinde (vergl. Namensge- 
bung Tollkirsche). Symptome sind 
Hitzegefühl, Sehstörungen und 
Herzrasen. Der Tod tritt bei 
Atropinvergiftungen durch Herz- 
Kreislauf- und Atmungsversagen 
ein. Scopolamin hingegen wirkt 
schon in niedriger Dosierung 
dämpfend auf das Bewegungssys- 
tem. Höhere Dosierungen führen 
zu einem tranceähnlichen Däm- 
merungszustand, bei dem eine 
gewisse Ansprechbarkeit erhalten 
bleibt, aber die verstandes- 
mäßige Kontrolle der Gedanken 
und Handlungen ist beeinträch- 
tigt. Wegen dieser Eigenschaft 
wird Scopolamin als sogenannte 
Wahrheitsdroge eingesetzt. Zu 
berücksichtigen ist weiterhin, 
daß eine Trennung von Realität 
und Illusion in einem solchen 
Zustand nicht möglich ist. Auf 
diese Weise erlebte Träume kön- 
nen durchaus als real empfunden 
werden. Ein Hautkribbeln wird 
z.B. so empfunden, als ob einem 
Fell oder Federn wüchsen. Die 
überlieferten "Reiseberichte" 
unter dem Einfluß von Hexensal- 
ben sind durchaus als besonders 
wirklichkeitsnah er-lebte Träume 
ernstzunehmen. 

Allerdings ist die Dosie- 


rungsspanne zwischen den bewußt- 
seinserweiternden Wirkungen und 
den unerwünschten Vergiftungser- 
scheinungen sehr klein. So man- 
cher hat den Versuch, Hexen- 


salben - seien es überlieferte 
oder aus eigener Erfahrung zu- 
sammengestellte Rezepturen - an 


sich selbst auszuprobieren mit 
dem Leben bezahlt. 

In Hexensalben wurden mit 
großer Wahrscheinlichkeit fol- 
gende Nachtschattengewächse ver- 
wendet: 


Die Tollkirsche 
(Atropa bella-donna L.) 

Die Tollkirsche wächst am 
Waldrand oder in Lichtungen auf 
kalkhaltigen, lehmigen Böden. 
Dieser bis zu 1,5 m hohe Busch 
hat eiförmige, angespitzte, 
klebrig behaarte, bis zu 10 cm 
lange Blätter. Aus den violet- 
ten, glockenförmigen Blüten im 
Juli entwickeln sich im Herbst 
schwarzglänzende, kirschartige 
Beeren. 

Alle Teile der Pflanze sind 
stark giftig. Die Pflanze ent- 
hält in allen Teilen Tropanalka- 
loide.. Der Gehalt an diesen 
Alkaloiden kann aber bei 
Zuchtformen und bei einer \Va- 
riante mit gelblichen Blüten und 
helleren Beeren weit höher lie- 
gen. In den jungen, frischen 
Blättern und den unreifen Beeren 
herrscht L-Hyoscyamin vor. Dar- 
aus entsteht in älteren und 


21 




















aetrockneten Blättern sowie in 
den reifen Früchten das nur halb 
so wirksame Atropin. 


Der Stechapfel 
(Datura stramonium L.) 

Der Stechapfel ist eine 
krautige, bis zu 1 m hohe Pflan- 
ze, die an Wegrändern auf sandi- 
gen, nährstoffreichen Böden 
wächst. Die unteren Blätter wer- 
den bis zu 20 cm lang. Pie 
Blattform ist eiförmig mit 
buchtig gezähntem Rand.Aus den 
im August erscheinenden, trope- 
tenförmigen, weißlichen Blüten 
entstehen charakteristische, 
stachlige Früchte mit  braun- 
schwarzen Samen. 

Die Alkaloidzusammensetzung 


schwankt je nach Alter und Rei- 
fezustand der Pflanzenteile er- 
heblich. In jungen Blättern ist 





Scopolamin enthalten, in älteren 
Pflanzen überwiegen Hyoscyamin 
und Atropin. 


Das Bilsenkraut 
(Hyoscyamus niger L.) 

Diese ca. 0,5 m hohe, krau- 
tige Pflanze hat eine rübenför- 
mige Wurzel. Die leichtgestiel- 
ten, schmutbziggrünen Blätter 
sind länglich und buchtig ge- 
zähnt. Die Blüten im August 
haben gewickelte, schmutzigweiße 
bis gelbliche Blütenblätter mit 
feinen violetten Adern. Aus dem 
Blütenkelch entwickelt sich die 
Frucht mit vielen schwarzen Sa- 
men. Die Pflanze macht insgesamt 
gesehen einen ziemlich 
"schmutzigen" Eindruck. Als "ty- 
pisches Unkraut" wächst Bilsen- 
kraut an Wegrändern auf einiger- 
maßen nährstoffreichen Sand- und 
Lehmböden. 

Bilsenkraut 
enthält neben 
L-Hyoscyamin 
auch größere 
Mengen (bis 
zu 40 Prozent 
der Gesamtal- 
kaloide) Sco- 
polamin. Da- 
durch tritt 
} bei der Wir- 

kung der zen- 
tral beruhi- 
gende  Efekt 
in den Vor- 
dergrund. 


Deshalb wurden Bilsenkrautzube- 
reitungen oft Bieren zugesetzt, 
um "schwache" Biere in der 
Wirkung zu verstärken. 


Die Alraune 
(Mandragora officinarum L.) 

Seit Menschengedenken wird 
die Alraune für eine der zauber- 
kräftigsten Pflanzen gehalten. 
Das liegt wohl an der Gestalt 
ihrer Wurzel, die unter gewissen 
Umständen recht menschenähnlich 
sein kann. Über die Alraune als 
Zauberpflanze wird in einer der 
nächsten Ausgaben einen eigenen 
Artikel geben. Da die Alraune im 
Mittelmeerraum heimisch ist, ist 
es nicht sicher, ob ihre Wurzel 
auch als Bestandteil von Hexen- 
salben Verwendung fand. Aller- 
dings sprechen gewisse Anzeichen 
dafür, daß diese Pflanze im 
späten Mittelalter auch in der 
Schweiz und in Süddeutschland 
vorkam. Auf jeden Fall war der 
Bekanntheitsgrad der Pflanze so 
groß, daß es durchaus möglich 
ist, daß sie für Hexensalben 
verwendet wurde, wegen ihres 
sehr hohen Preises aber sicher 
nicht als Hauptbestandteil. 

Die Alraune ist eine sten- 
gellose, krautige Pflanze mit 
bis zu 20cm langen, fleischigen, 
gerippten Blättern. Die violet- 
ten, glockenförmigen Blüten ste- 
hen in der Mitte der Blattroset- 
te. Die Früchte ähneln unreifen 
Tomaten. 


Neben den Nachtschattenge- 
wächsen spielen auch andere 
Pflanzen eine wichtige Rolle bei 
der Zusammensetzung von Hexen- 
salben. Alle hier aufzuzählen, 
würde den Rahmen dieses Artikels 
sprengen. Deshalb wird die Aus- 
wahl auf eine Pflanze be- 
schränkt, bei der charakteristi- 
sche Inhaltsstoffe eine Verwen- 
dung in Hexensalben plausibel 
erscheinen lassen. 


Der blaue Eisenhut 
(Aconitum napellus L.) 

Der blaue Eisenhut, auch 
Sturm-hut genannt, gehört - bo- 
tanisch gesehen - zu der Gruppe 
der Hahnenfußgewächse. Die 
Pflanze wird bis zu1 m hoch, 
Die Blätter sind 5 - ?geteilt, 
tief eingeschnitten. Die blatı- 
violetten, helmförmigen Blüten 
stehen in dichten Trauben. Der 
Eisenhut wächst vornehmlich in 
den Gebirgsregionen der Alpen, 
kommt aber auch in den Mittelge- 
birgen vor. \Jegen seiner schönen 
Blütenstände wird der Eisenhut 
auch als Zierpflanze in Gärten 
angebaut. Der blaue Eisenhut ist 
eine der giftigsten Pflanzen in 
Mitteleuropa. Schon wenige Gramm 
Frischpflanzenteile können zu 
tödlichen Vergiftungen führen. 
Die wirksamen Alkaloide, Aconi- 
tin und Derivate, werden leicht 
durch die Haut resorbiert, so 
daß selbst Berührungen mit der 
Pflanze gefährlich werden kön- 


23 








nen. Vergiftungen äußern sich 
durch Brennen und Kribbeln im 
Mund, am Hals und in den Glied- 
maßen. Weitere Symptome sind 
Schweißausbrücke und Wahrneh- 
mungsstörungen wie "Pelzigsein" 
der Haut. Bei höherer Dosierung 
treten schmerzhaftes Erbrechen 
und Durchfall, dann Muskelläh- 
mung und starken Schmerzen auf. 
Der Tod tritt durch Atemlähmung 
oder Herzversagen bei vollem 
Bewußtsein ein. 

Gerade das "Pelzigsein" der 
Haut kann auch das Wachsen eines 
Fells oder Federkleids empfunden 
werden. 


Auch im Tierreich wird man 
fündig auf der Suche nach Zuta- 
ten für Hexensalben. Als Bei- 
spiel sei hier die Erdkröte 
(Bufo bufo L.) aufgeführt. 

Die Erdkröte ist die größte 
Kröte Europas. Weibliche Tiere 
können bis zu 20 cm groß werden. 
Die Männchen sind nur etwa halb 
so groß. Die schleimige Haut der 
Erdkröte ist von Warzen bedeckt. 
An der Oberseite sind die Tiere 
bräunlich gefärbt mit dunkleren 
Flecken. Der Bauch ist heller 
bis hin zu schmutzigqweiß. Die 
Erdkröte ist recht häufig. Über- 
all, wo es ein bischen feucht 
ist, kann man sie finden. 

Der Schleim der Erdkröte 
enthält giftige, auf das Herz 
wirkende Substanzen, sogenannte 
Bufogenine und Bufotoxine. 


24 


Außerdem enthält der Kröten- 
schleim Bufotenin und verwandte 
Substanzen, die Bewußtseinsstö- 
rungen und Halluzinationen be- 
wirken können. 

Als Salbengrundlagen wurden 
Fette tierischen Ursprungs z.B. 
Hammeltalg und Schweineschmalz 
verwendet. In den Untersuchungs- 
protokollen der Hexenprozesse 
wird berichtet, daß das Fett 
neugeborener Kinder zur Herstel- 
lung der Hexensalben benutzt 
wurde. Inwieweit diese Berichte 
den Tatsachen entsprechen oder 
durch Folter bedingte Manifesta- 
tionen der krankhaften Phantasie 
der Befrager sind, ist heute 
nicht mehr zu ergründen. 

Auch ist die genaue Zube- 
reitungsart der Salben nicht 
mehr genau zu rekonstruieren. 
Wahrscheinlich wurden unter ge- 
heimgehaltenen Beschwörungen die 
diversen Zutaten in Gefäßen ge- 
schmolzen, die noch flüssige 
Salbe durch Tücher abgeseiht und 
kaltgerührt. 

Zum Schluß dieses Artikels 
möchte ich noch einmal die deut- 
liche Warnung aussprechen, daß 
es lebensgefährlich ist, Salben 
aus solch giftigen Pflanzen an- 
zuwenden. Schon mancher - sogar 
Mediziner - hat seine Neugier 
mit dem Leben bezahlen müssen, 
da der Abstand zwischen der 
"gewünschten" Wirkung und der 
Vergiftung sehr gering ist. 

Henri Schladitz 


. 
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DER HAIN erscheint viertel jähr- 
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Die Redaktion dankt Henri Schla- 
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weitergeholfen haben. 


Michael Frantz 
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DER BERSERKER 


Eine Fantasy-Geschichte in Fort- 
setzungen. Von Michael Frantz. 
Teil 2. 


Zusammenfassung des 1.Teils: 
Wulfgar, ein wandernder Krieger, 
schließt sich auf seinem Weg dem 
Zug der Prinzessin Irmgard an. 
Unterwegs kehren sie in einem 
einsamen Gasthof ein, in dem 
Wulfgar auf einen Reisenden aus 
dem fernen Land Attika trifft. 
Sofort verbindet beide eine un- 
erklärliche Feindschaft mitein- 
ander. \lulfgar verhindert einen 
Kampf, indem er einen Rückzieher 
macht. 





"Nanu, Meister Wulfgar," 
wunderte sich der Barde, als 
Wulfgar mit einem Mal wieder in 
der Tür stand, bleich im Gesicht 


und zugleich aus vollem Halse 
lachend. "Wer ist Euch denn 
begegnet?" 

"lie - wie kommst Du da- 


rauf?" stotterte der Krieger. In 
seinen Gedanken und Gefühlen 
tobte ein wildes Durcheinander. 

"Ihr seht so aus." 

"Nein, mir ist niemand be- 
gegnet ." Jetzt hatte sich 
Wulfgar wieder in der Gewalt. 
"Es ist mir nur gerade etwas 
eingefallen... Aber das geht 
dich nichts an!" 

Gunnar zuckte 
mit den Schultern 
und wandte sich wie- 
der seiner Arbeit 
zu. Es war offen- 
sichtlich, daß er 
Wulfgar kein Wort 
aeglaubt hatte. Der 
Krieger starrte auf 
den mageren Rücken 
des Jünglings. Der 
Barde mochte viel- 
leicht vierzehn Som- 
mer zählen, aber er 
hatte die Stimme 
eines Erwachsenen. 
Frühreife Knaben wie 
Gunnar hatte Wulfgar 
eher in den Elends- 


vierteln Koronars gesehen als 
auf der'Landstraße. 

Auch Isa war in ihre Arbeit 
vertieft. Eigentlich hatte sie 
bei Wulfgars Eintreten nur kurz 
aufgeblickt und sich dann wieder 
auf die Kleider der Prinzessin 
konzentriert, die sie zwei 
Truhen entnahm, auf dem Bett 
ausbreitete, glattstrich und 
wieder zusammenlegte. \lulfgar 
beobachtete, mit welcher Sorg- 
falt sie dabei vorging. Im 
Gegensatz zu Gunda war ihre 
Lebensblume bereits am Welken 
und Ilulfgar nahm an, daß sie 
ganz im Dienst an ihrer Herrin 
aufging. 

"Kann ich helfen?" fragte 
er sie. 

Sie schaute ihn mit ihren 
merkwürdig großen, warmen Augen 
an. "Eigentlich nicht. Dafür 
sind deine Hände viel zu grob. 
Vielleicht hilfst du ihm, er 
scheint nicht zurechtzukommen." 
Sie blickte in Gunnars Richtung, 
der gerade am Kamin hockte und 
in die schwelende Glut blies. 

"Es geht schon," wehrte 
dieser ab, doch Wulfgar kniete 
sich schweigend neben ihm hin. 
Für ihn als Waldläufer war es 
nur ein Kinderspiel und einige 
Augenblicke später leckten die 
ersten, jungen Flammenzungen 
über die aufgeschichteten Holz- 
scheite. "So, das hätten wir," 
meinte Wulfgar befriedigt. 
"Jetzt kann mich kein Riese und 


kein Drache mehr von einem guten 
Bier abhalten!" 

Isa hatte inzwischen unter 
den Kleidern eines gefunden, was 
ihr für den Gasthofaufenthalt 
der Schwägerin des Königs von 
Welten passend erschien, und 
ging daran, die anderen wieder 
zu verstauen. Wulfgar betrach- 
tete das Kleid und sein Anblick 
tat ihm weh. Er konnte sich 
vorstellen, wie schön Irmgard 
darin aussehen mußte, wenn sie 
darin ihre Eltern, den König und 
die Königin von Stade, besuchte 
oder daheim in Welten zur Tafel 
schritt. An ihrer Seite war ihr 
Gemahl, der jüngere Bruder des 
Königs von Welten, zu ihren 
Füßen liefen ihre drei kleinen 
Kinder und er, Wulfgar, saß 
irgendwo draußen mit anderen 
Söldnern an einem Lagerfeuer und 
träumte von einem Wunder... 

In diesem Augenblick poch- 
te es an die Tür. Wulfgars Hand 
ertastete den beruhigenden Griff 
des Jagdmessers. "Aufmachen!" 
erklang Gundas Stimme durch das 
Holz. Wulfgar sprang an die Tür 
und öffnete. Gunda drängte sich 
rasch an ihm vorbei, denn mit 
ihren Händen hielt sie einen 
breiten Bottich, in dem das 
Wasser den hölzernen Rand hin- 
aufschwappte. Mit einem befrei- 
ten Keuchen stellte sie ihn in 
der Mitte des Raums ab. "Bist du 
fertig?" fragte sie Isa. Die 
nickte nur. "Gut, dann können 


27 


wir die Herrin ja holen!" 


Sprachs und schritt an Wulfgar 
wieder zur Tür hinaus. Im Vor- 
beigehen hatte er ein flüchtiges 
Lächeln erhaschen können, dann 
war sie entschwunden. Pffenbar 
hatte sie ihr Mut von vorhin 
wieder verlassen. Da sie hier 
nichts mehr zu tun hatten, folg- 
ten Wulfgar und Gunnar ihr nach. 

Durch den zwielichtigen 
Flur gelangten sie an der Hof- 
treppe vorbei zum Schankraum. 
Schon im Gang brandete ihnen der 
Lärm rauher Stimmen, gerückter 
Bänke und klirrenden Rüstzeugs 
entgegen. Thorichs Reiter fühl- 
ten sich offenbar ganz wie zu 
Hause. Sie hatten alle Tische 
besetzt bis auf drei. Die drei 
Männer an dem einen Tisch trugen 
saubere, biedere Reisekleidung 
und begafften die wilde Horde 
mit versteckter Neugier. Offen- 
bar handelte es sich um die 
Handwerker, welche der Attiker 
so abfällig "Flickschuster" ge- 
nannt hatte. 

Die Männer am Nebentisch 
waren gleichfalls zu dritt, aber 
ihr Anblick versetzte Wulfgar 
einen Schreck. Attiker! Sie 
trugen die gleichen weißen Tuni- 
ken wie ihr Herr, den gleichen 
kurzen Haarschnitt und ihre 
dunklen Wangen waren glatt. Die 
Gürtel, an denen ihre Dolche 
hingen, waren bescheidener und 
schmuckloser gearbeitet als der 
des Mannes, dem Wulfgar begegnet 


28 


war. Jedoch wie bei diesem fiel 
Wulfgar eine Schlaufe an ihren 
Gürteln auf, eine Schlaufe zum 
Befestigen eines Schwertgehän- 
ges. 

Ihr Herr saß nicht bei 
ihnen, sondern an der Tafel am 
Ende des kleinen Saals, an der 
er Irmgard und Thorich Gesell- 
schaft leistete. Thorich und der 
Fremde waren in ein lebhaftes 
Gespräch vertieft, dem Irmgard 
höflich zuhörte, während sie 
sich von einem Becher Wein er- 
frischen ließ. Als Gunda die 
Treppe hinablief und zu üihr 
trat, erhob sie sich erleichtert 
und zog sich mit der Kammerfrau 
zurück. 

Gunnar hatte sich unterdes- 
sen zu den Handwerkern gesellt, 
während Wulfgar an Rolfs Tisch 
noch einen Platz fand. Ein Mäd- 
chen, ungefähr so alt wie 
Gunnar, schob ihm eilig einen 
Holzbecher zu, bevor sie sich 
wieder um die anderen Gäste 
kümmerte und in der Küche 
verschwand. \Wulfgar hatte sie 
bereits von der Hoftreppe aus 
gesehen, wie sie neben der Wir- 
tin auf dem Boden kniete und 
Gemüse schälte. 

Nach einiger Zeit kehrte 
Irmgard von Welten gebadet und 
in dem prächtigen Kleid zurück, 
das der Krieger vorhin bereits 
bewundert hatte. Doch was war 
das Gewand schon ohne seine 
Trägerin! Alles erhob sich, als 


sie die Treppe herab- 
schritt. Wulfgar grüßte 
mit einer angedeuteten 
Verneigung und sie lächel- 
te zurückhaltend, bevor 
sie von Thorich und dem 
Fremden an der Tafel em- 
pfangen wurde. Nun durfte 
das Essen aufgetragen wer- 
den und Wirt, Wirtin und 
das Mädchen hatten alle 
Hände voll zu tun, fast 
zwei dutzend von schmaler 
Reisekost ausgehungerte 
Gäste zu befriedigen. 

Die edleren Gäste erhielten 
Forellen und Eier in verschiede- 
nen Zubereitungen, die Soldaten 
wurden mit Suppe und einer 
scharf gewürzten Hafergrütze 
versorgt. Dabei beobachtete 
Wulfgar etwas Merkwürdiges. Rolf 
brüllte gerade nach einem Nach- 
schlag und das Mädchen kam und 


. füllte seine Schale. Plötzlich 


erstarrte sie in der Bewegung 
und starrte Rolf direkt ins 
Gesicht. Für einen langen Moment 
öffneten sich die Tore ihrer 
geschäftigen Gleichgültigkeit 
und in ihren Augen konnte man 
deutlich ein verzweifeltes Fle- 
hen lesen. Dann zerbrach der 
Blick, sie wandte sich abrupt 
den anderen Tischen zu und Rolf 
schaute ihr fassungslos nach. Er 
hatte die Botschaft empfangen, 
konnte aber wohl nichts mit ihr 
anfangen. Kopfschüttelnd tauchte 
er seinen Löffel in die dampfen- 





de Suppe ein und schlang sie 
hinunter. 

Bald darauf hatte Irmgard 
zu Ende gespeist und begab sich 
mit Isa und Gunda zur Ruhe. 
Nachdem auch Thorich sich ent- 
fernt hatte, setzte sich der 
Fremde zu seinen Männern. Sie 
unterhielten sich in ihrer sin- 
genden Sprache und Wulfgar be- 
merkte, daß sie öfters zu ihm 
herüberschauten. Er wurde 
unruhig, aber er zwang sich, 
nach außen hin Ahnungslosigkeit 
zu mimen. Allerdings war er 
wirklich sicher, solange er Sol- 
daten um sich hatte, und bereits 
morgen wollte Thorich die Reise 
fortsetzen. Vor allem beschäf- 
tigte ihn die Ungewißheit, wer 
sein Feind überhaupt war und 
warum sie sich haßten, ohne je 
zuvor einander begegnet zu sein. 

Nach einer Weile erhoben 
sich die Attiker und gingen die 


29 


Treppe hinauf zu den Gästezim- 
mern. Später sah Wulfgar sie ihr 
Gepäck über den Hof schleppen, 
auf den rundbogenen Durchgang 
zu. Er beschloß, sich nach dem 
Essen diesen Teil des Gasthofs 
einmal anzusehen. Bei seinem 
dünnen Geldbeutel würde ihm sel- 
ber wohl nichts anderes übrig 
bleiben, als die Nacht auf einer 
Bank in der Wirtsstube zu ver- 
bringen. Wenigstens hatte er es 
am großen Kamin warm! 

Mit vollgeschlagenem Bauch, 
leicht angetrunken und tief 
zufrieden schob er die leere 
Schüssel von sich, nickte Rolf 
flüchtig zu und stolperte in den 
Hof hinaus. Da er lesen konnte, 
blieb er vor dem Eingang rülp- 
send stehen und entzifferte das 
Gasthofschild über der Tür: "B- 
l-a-u-t-e-r-h-0o-s." Tatsächlich 
stellte das Holzschild eine 
blaue Hose mit im Winde flat- 
ternden Beinen dar. Ein merkwür- 
diger Name für ein Wirtshaus, 
fand Wulfgar, ein... schlimmer 
Name! Aber er wußte nicht, 
warum. Irgendetwas wollte ihm 
nicht einfallen. 

Beunruhigt ging er weiter. 
Er wollte nach seinen Waffen und 
Gepäck sehen. Im Planwagen fand 
er den schlafenden Gunnar vor, 
der es sich auf dem fellgepol- 
sterten Boden bequem gemacht 
hatte. Ohne ihn zu wecken, klet- 
terte Wulfgar ins Innere, stell- 
te befriedigt fest, daß sein 


geliebter Speer und die anderen 
Werkzeuge seiner Zunftnoch da 
waren, überprüfte kurz den 
Knoten an seinem Reisebeutel. Er 
überlegte, wo er seine Habe 
hinschaffen sollte, wenn der 
Wirt ihm verbot, Waffen mit in 
den Schankraum zu nehmen. Diese 
Nacht wollte Wulfgar sie gerne 
in greifbarer Reichweite haben, 
notfalls würde er sie in der 
Dunkelheit hineinschmuggeln. Im 
unbewachten lagen konnte er die 
Waffen nicht lassen, und er 
kannte niemanden von Thorichs 
Gefolgsleuten näher. Trotz aller 
Plauderei am Tisch war er für 
sie ein Fremder. 

In diesem Augenblick sah er 
den Wirt mit einem seiner Knech- 
te in den Hof treten. Flink 
kletterte er aus dem Wagen und 
eilte auf sie zu. 

"Ah, Ihr!" begrüßte ihn der 
Wirt. "Mit Euch wollte ich ohne- 
hin über einiges reden." 

"Das trifft sich gut. Ich 
frage mich gerade, wo ich die 
Nacht verbringen werde." 

Der Wirt musterte ihn ab- 
schätzig. "Ein Zimmer wird wohl 
zu teuer sein. Außerdem sind 
alle besetzt." 

"Dann werde ich mich am 
besten in den Stall legen." 

"Selbst im Stall ist kein 
Platz mehr - die vielen Pferde. 
Es wird Euch wohl nur der Hof 
bleiben." 

"Gibt es nicht die Möglich- 


keit, in der Schankstube, am 
Kamin zu..." 

"Nein. Das dulde ich nicht. 
So mancher Gast schon hat im 
Suff Tische und Bänke zerschla- 
gen. Und so mancher Gast...", 
der Wirt machte eine bedeutungs- 
volle Pause, "...war danach 
nicht imstande, den Schaden zu 
bezahlen!" 

"Jedoch," fuhr er in ver- 
söhnlicherem Tonfall fort, "ich 
würde Euch zwei oder drei Decken 
für die Nacht leihen, wenn Ihr 
Frieden haltet." 

"lie meint Ihr das?" 

"Ihr wißt genau, wie ich 
das meine! Der edle Asterion aus 
Attika hat sich über Euch be- 
schwert und das ja wohl zu 
recht! Ich dulde nicht, daß in 
meinem Haus hohe Gäste belästigt 
werden!" 

Wulfgar erwiderte nichts. 
Er hatte die merkwürdigen Regeln 
menschlicher Gerechtigkeit zur 
genüge kennengelernt und wozu 
sollte er diesem menschlichen 
Vieh etwas erklären, was es 
ohnehin nicht verstehen wollte? 
Also starrte er dem Wirt reglos 
in die Augen und lächelte mild, 

"Habt Ihr sonst noch einen 
Wunsch?!" schnauzte dieser. 

Wulfgar schüttelte den 
Kopf. 

"Dann entschuldigt mich!" 
Von seinem Knecht gefolgt, 
stapfte der Wirt davon. Wulfgar 
schaute ihm nach. Auch gut, 


dachte er, dann schlafe ich eben 
im Wagen und morgen früh erzähle 
ich dir, was du mir mit deiner 
rosaroten Zunge auswischen 
kannst... 

Er sah empor und blinzelte 
in die träge Nachmittagssonne. 
Es war noch viel Zeit bis zum 
Abendessen, und er hatte sowieso 
vorgehabt, sich den Rest des 
Gasthofs anzusehen. Also schritt 
er zu dem Rundbogen in der Hof- 
mauer, durch welchen er in den 
zweiten, nach attischer Sitte 
quadratisch angelegten Innenhof 
gelangte. Stade, Welten und die 
anderen Königreiche am Timan- 
Stron waren noch Gehöfte von 
Stammeshäuptlingen gewesen, als 
attische Seefahrer an der Küste 
die Stadt Koronar gründeten. Am 
Anfang mochte sie gerade einmal 
ein Marktplatz mit Hafen und 
einigen Häusern darum gewesen 
sein, aber immer mehr Menschen 
wurden von diesem Handelsstütz- 
punkt angezogen, so daß Koronar 
wuchs und wuchs und zu einem 
Schmelztigel der attischen Rasse 
und der Stämme der Umgebung 
wurde. Weltoffener, städtischer 
Handel und bodenständiges Land- 
leben vermengten sich zu einer 
neuen Kultur, die sich bald 
ausbreitete und sogar das Reich 
Dur unterwarf. Die stärkeren 
Reiche Welten und Stade setzten 
Koronars Truppen im Norden eine 
Grenze, dennoch wurden auch sie 
von attischer Lebensweise be- 








rührt, so daß es Wulfgar keines- 
wegs wunderte, hier, im Grenz- 
gebiet der drei Länder, ein 
einheimisches Langhaus mit einem 
angebauten attischen Peristyl 
vorzufinden. Er konnte sich vor- 
stellen, wie irgendein Vorgänger 
oder Vorfahr des jetzigen Wirts 
diesen Rundbogen in die Hofmauer 
geschlagen und sich darangemacht 
hatte, den leeren Winkel zwi- 
schen der hochaufragenden Scheu- 
ne und der Mauer mit einem 
gepflasterten Hof aufzufüllen. 
Gegenüber der alten Mauer war 
ein niedriges Holzgebäude für 
weniger begüterte Gäste entstan- 
den, gegenüber der Scheune hatte 
man eine neue, allerdings höl- 
zerne Mauer errichtet. Steinerne 
Säulen und ein Dach aus Holz 
umringten diese Art rustikales 
Peristyl und natürlich durften 
Blumenbeete und eine große, 
bronzene Schale zum Auffangen 
des Regenwassers nicht fehlen. 
Sogar eine kleine Säule mit 
einen listig grinsenden Hermes- 
Kopf darauf war vorhanden. 
Drüben, im Halbdunkel des 
Säulengangs, döste einer der 
Attiker, vielleicht als Wache, 
vielleicht auch nur, weil ihn 
der gepflasterte Hof so angenehm 
traurig an seine Heimat erinner- 
te. Wulfgar erwartete, daß er 
aufstehen und seinem Herrn Be- 
scheid sagen würde, aber der 
Attiker beobachtete ihn zwar 
mißtrauisch, blieb jedoch an der 





Hauswand sitzen. Die Tür neben 
ihm war geschloßen. 

Ein Stück weiter konnte 
Wulfgar einen Blick in ein Zim- 
mer mit ausgestreckt liegenden, 
selig schnarchenden Reitern wer- 
fen, in der anderen Ecke des 
Säulenganges saß auf einer Bank 
ein dicklicher Mann, dessen kah- 
ler Schädel von einem Kranz 
grauer Locken wumschloßen war. 
Das gute Tuch und die farben- 
prächtigen Borten seines Gewan- 
des verrieten den Kaufmann und 
seine Finger waren mit Ringen 
geschmückt. Diese bewegte er 
zögernd über ein buntes Brett, 
während sein Gesicht regungslose 
Konzentration ausdrückte. 

Der Mann zu den Knien des 
Koronarers, Niener und Leibwäch- 


ter in einen, interessierte 
Wulfgar jedoch weit mehr. Zopf 





















und langer, rötlich-brauner Bart 
kennzeichneten den Hünen als 
Stammeskrieger aus der Südlichen 
Wildnis! Wulfgar eilte über den 
Hof und sprach ihn im Dialekt 
der Nargier an: "Heil sei dir, 
Unbekannter! Mutter Erde und 
Vater Himmel sollen deine Wege 
beschirmen und deine Sippe ge- 
deihen lassen!" 

Der dösende Krieger fuhr 
zusammen, sprang auf und automa- 
tisch kam ihm eine andere Grul- 
formel über die Lippen: "Heil 
dir! Thor sei dein Freund, 
Frigga deine Mutter, Odin dein 
Vater, Freya deine Schwester und 
Freyr dein Bruder!" Sie sahen 
sich an, lachten, umarmten sich. 
Söldner aus dem kargen Süden gab 
es im Umkreis Koronars häufiger, 
zwischen denen jedoch, die aus 
Stämmen kamen, welche weder Land 
noch Geld kannten, bestand ein 
unsichtbares, für Außenstehende 
unbegreifbares Band. 

"Ich entstamne der \Wolfs- 
sippe des Nargier-Stammes und 
mein Name ist Wulfgar." 

"Ich werde Hejo genannt und 
gehörte der Luchs-Sippe der 
Öwier an. Unsere Stämme sind 
Nachbarn und Feinde." \lieder 
lachten sie. Pie lleimat war so 
weit weg. 

"Wolfsspeer... Deine Fami- 
lie verehrt besonders Odin, den 
einäugigen Sturmvater?" 

"Ja...", Wulfgar überlegte 
einen Moment, bevor er ent- 


schied, vorsichtig zu sein, 
",..aber ich habe keine Familie 
mehr, nur noch einen Traum." 

Hejo lächelte bitter. "Wer 
von uns kennt das nicht? Dennoch 
- obwohl auch ich meine Familie 
verlor, verehre ich immer noch 
die katzenhafte Freya, die meine 
Sippe beschützte und uns mit 
weitgerühmter Fruchtbarkeit be- 
schenkte! Aber Odin ehre ich 
natürlich auch und Thor und all 
die anderen. Koinm nun her, ich 
will dich meinem Herrn vorstel- 
len." 

Der Alte hatte bei der 
lauten Begrüßung aufgeblickt und 
ihr interessiert zugeschaut, 
obwohl er sicherlich kein ein- 
ziges Wort verstand, 

"Dieses Freund ab zutlause," 
erklärte ihm Hejo. Ein Sprach- 
genie schien er nicht gerade zu 
sein. 

"Ich heiße Wulfgar und kom- 
me aus der Südlichen Wildnis, 
ähnlich wie Euer Diener," stell- 
te sich Wulfgar in fließenden 
Koronarisch vor und genoß 
selbstgefällig die überraschten 
Mienen der anderen. 

"Ich bin Philippos, Han- 
delsagent des großen Kaufmanns 
Mellon von Koronar," erwiderte 
der Alte. "Wo habe Ihr unsere 
Sprache so gut erlernt? Diesen 
Tölpel hier," er wies auf Hejo, 
"Versuche ich schon seit zwei 
Jahren, sie beizubringen, und 
hört selbst, wie weit er bis 


jetzt gekommen ist!" 


"Ich war lange Zeit in 
koronarischen Diensten." 

"Interessant. Setzt Euch 
doch zu mir." 

Die dünkelfreie Bescheiden- 
heit von Philippos beeindruckte 
bulfgar. Er nahm auf der Bank 
Platz, wobei er darauf Acht gab, 
nicht gegen das quadratische 
Brett zu stoßen, das neben Phi- 
lippos lag. Es war mit einen 
blau-rot-karierten Muster be- 
malt, auf dem viele kleine Holz- 
figuren in komplizierten Kombi.- 
nationen standen. 

"las ist das, edler Philip- 
pos?" 

"Ein Spiele Es kam aus 
Ländern zu uns, die noch weiter 
weg liegen als Attika. Habt Ihr 
es in Koronar nie gesehen?" 

Wulfgar  schüttelte den 
Kopf. "Was macht man mit diesem 
Brett?" 

"Man stellt sich vor, es 
sei ein Schlachtfeld. Wie Ihr 
seht, sind ja die Fiqauren in 





zwei Farben eingeteilt - den 
zwei Armeen. Zwei Spieler, die 
miteinander wetteifern, bewegen 
die Figuren. Jeder darf, wenn er 
an der Reihe ist, genau eine 
Figur seiner Armee um genau 
eines dieser bunten Nuadrate 
vorrücken, so wie ich das jetzt 
mache. Zumindest gilt das für 
die einfachen Soldaten, das sind 
diese kleinen Figuren. Die 
großen Figuren, die Offiziere, 
dagegen..." 


Wulfgar hörte gespannt zu. 
Der Kaufmann schien sich zu 
freuen, auf dem langen leg von 


Koronar nach Stade einen Men- 
schen zu treffen, den sein Spiel 
reizte. Es war ja auch zu ver- 
wirrend, all. diese verschiedenen 
Figuren und Zuomöglichkeiten im 
Kopf zu behalten und sich 
gleichzeitig Strategien zu über- 
legen, mit denen man seinen 
Gegner aufs Kreuz legen konnte. 
Wulfgar machte immer wieder Feh- 
ler. Philippos blieb dabei ge- 


duldig. Abgesehen davon, daß das 


Sanftmütige in seiner Natur zu 
liegen schien, war er viel zu 
glücklich über eine Gelegenheit, 
einige Partien zu spielen und 
nicht immer mit sich selbst über 
optimale Verteidigungsstellungen 
und Angriffe zu philosophieren. 

Mittlerweile wurden die 
Schatten länger und länger und 
die Sonne stand als rotglühender 
Ball über den düsteren Tannen- 
spitzen. Hejo brachte Philippos 
einen wärmenden Wollumhang aus 
ihrem Zimmer und Wulfgar spürte, 
wie über seine Haut ein kühles 
Kribbeln rann. 

"Es wird Zeit für mich," 
meinte er zu den beiden. "Ich 
wollte mir noch vor dem Essen 
den Reisestaub herunterwaschen." 

"Ganz in der Nähe ist ein 
Bach. Hejo wird ihn Euch zei- 
gen." 

"Habt Dank, aber ich werde 
den lieg auch allein finden." 

"seid doch nicht so be- 
scheiden! Hejo macht das gern, 
nicht wahr?" 

Der Diener nickte. Wulfgar 
zögerte. Schließlich sprach er: 
"Ihr müßt meine Unhöflichkeit 
entschuldigen... Ich möchte ger- 
ne ein wenig allein sein." 

"ie Ihr wünscht. Der Weg 
ist ja ganz leicht zu finden. 
Ein Pfad führt direkt an den 
Bach, ihr braucht nur den Gast- 
hof durch die hintere Pforte zu 
verlassen." 

Wulfgar verabschiedete sich 


von den beiden und schritt 
davon, durch den Rundbogen, über 
den vorderen Hof. Eine merkwür- 
dige Unruhe hatte ihn überfal- 
len, es drängte ihn zu den 
Wasser, zu dem Wasser! Er öff- 
nete das angelehnte Tor und 
tauchte in den Wald ein. 

Nach einigen sandigen Weg- 
kehren wich der enge Tannenforst 
lichteren Eichen, Buchen und 
Kiefern und kurz darauf glänzte 
ihm durch den goldenen Regen 
herabhängender Weidenblätter der 
Bach entgegen. Dieses unerwar- 
tete Bild des Lebens traf 
Wulfgar wie eine plötzliche Be- 
freiung, er spürte ein Gewicht 
von seinen Schultern gleiten und 
machte unwillkürlich einen tie- 
fen, glücklichen Atemzug. Tief 
in seinem Bauch wuchs ein 
Lachen, das durch seine Kehle 
emporstieg und die Welt mit 
Freude erfüllte, und lachend 
lief er die Rinne hinunter, der 
das gluckernde Wasser folgte, 
über knotige Wurzeln und hinein 
ins eiskalte, aufspritzende Naß. 
Er tauchte seine Hände hinein 
und rieb sich damit das Gesicht, 
bis es vor Kälte brannte. In der 
Abendsonne aufblinkende, weiße 
Tropfen flogen in alle Richtun- 
gen, als er seinen Bart schüt- 
telte und rief: "Odin! 0-0-odi- 
in!" Er verneigte sich in 
Richtung (Quelle und sprach: 
"Heil dir, Geschöpf des Wassers! 
Lebendiges und lebensspendendes 





Wesen! Wulfgar ist hier und er 
wünscht dir, daß du immer 
sprudelst. Heil dir, du herr- 
licher Ort." 

Während er ans Ufer zurück- 
watete, bedauerte er es fast, 
daß der Troß der Prinzessin 
schon morgen weiterzog. Dabei 
beschloß er, die Nacht nicht im 
Gasthof, sondern hier, am Bach, 
zu verbringen. Pitschnaß und vor 
Kälte bibbernd machte er sich 
auf den Rückweg. Seltsam, dachte 
er, daß die Ausstrahlung dieses 
Asterion reicht, um einen ganzen 
Ort zu verpesten... Da erstarrte 
er! Für den Bruchteil eines 
Augenblicks hatte er eine 
Vision! Gewalt und Tod! Toten- 
schädel, ein Feld voller Toten- 
schädell Und überall Blut! Es 
war vorbei. Er war gewarnt wor- 
den. 

Er starrte noch benommen 
ins Zwielicht der einsetzenden 
Nacht, als er jemanden näherkom- 
men hörte! Das Messer sprang in 
seine Hand und mit zwei langen 
Schritten war er im Schatten der 
Bäume. Kurz darauf kam die Magd 
den NWeg herunter. Aufatmend 
steckte WWulfgar das Messer 
zurück und trat ihr in den leg. 
Sie fuhr zusammen, klappernd 
fielen die leeren llassereimer 
aus ihren Händen. 

"Verzeih, ich wollte dich 
nicht erschrecken," entschuldig- 
te sich Wulfgar. 

"A-ach Ihr seid das..." 


stotterte sie. Er wollte gerade 
vorübergehen, da hielt sie ihn 
an der Jacke fest. "Herr..." 

Na?" 

"Bei Euch ist ein Reiter, 
ein stämmiger, mit Schnauzbart 
und Haar in der Farbe von 
Eichenlaub..." 

"Rolf?" 

"Vielleicht heißt er 
Wollt Ihr ihm eine Botschaft von 
mir bringen?" 

"elche?" 

"Heute Nacht, wenn die 
Schänke schließt, soll er zum 
Bach kommen. Dort werde ich auf 
ihn warten. Sagt Ihr ihm dies?" 

"Warum sagst du's ihm nicht 
selbst?" 


"Ich kann nicht! Sagt Ihr's 


u” 
je} 


ihm nun oder nicht?" 

"Von mir aus..." 

"Habt Dank! Habt vielen 
Dank! Ich muß jetzt weiter." Sie 
nahm ihre Eimer auf, brdankte 
sich noch einmal und ging. Ein 
Stück weiter drehte sie sich 
erneut um und rief: "Und vergeßt 
es nicht!" Dann verschwand sie 
im Halbdunkel. 


Fortsetzung in der nächsten Aus- 
gabe. 


Das Maäifest 


In früheren Zeiten, als die 
Menschen noch stärker im Ein- 
klang mit der Natur lebten, war 
das Bewußtsein bestimmter ein- 
schneidender Änderungen im 
Jahreslauf nur eine Frage der 
Aufmerksamkeit gegenüber alltäg- 
lichen Erscheinungen. 

Für uns, die wir vom Kor- 
sett der Zivilisation mehr oder 
weniger eifersüchtig gegen 
Natureinflüsse abgeschirmt wer- 
den, bedarf es zur Bewußtwerdung 
der Festzeiten des Jahres schon 
eines gezielten Verständnisses, 

So hat jedes Fest seine 
besondere Aufgabenstellung für 
den Zivilisationsmenschen, deren 
Meisterung man als Ziel anvisie- 
ren sollte, um nicht den Natur- 
rhythmus des Jahres in dumpfer 
Halbbewußtheit zu verschlummern. 

Hatte die Wintersonnenwende 
als entscheidenden Kernpunkt die 
Geburt des Lichtes in der Tiefe 
unseres Inneren zum Inhalt, so 
setzt sich dieser Vorgang zu 
Lichtmeß als eine ständig zuneh- 
mende Durchdringung unseres 
Körperbewußtseins als auch unse- 
rer Seele durch die aufsteigende 
Lichtkraft fort. Und so ist es 
auch im Leben der Erde: Ilas 
bisher dunkel und unbekannt war, 
tritt jetzt ins Licht der Er- 
kenntnis. Was bisher in eisiger 
Starre gebunden war, wird jetzt 


gelöst und beweglich, anpas- 
sungsfähig und aufnahmebereit. 
Zu Ostern schließlich beginnen 
geheime Quellen zu fließen (das 
Osterwasser des Lebens) und die 
ursprüngliche und noch unberühr- 
te Bereitschaft zu fruchtbarer 
Vereinigung mit der Außenwelt 
wächst sprungartig. 





An ° INN em EREN er 


Und dennoch ist zu Ostern 
die Fülle neuer, brodelnder 
Lebenskräfte erst in der Vorbe- 





reitungsphase, noch ge- wie die Walpurgisnacht, 
fangen im Inneren (das der Vorabend zum 1. 
Ei als Sinnbild). Es Nai. Auch das Pfingst- 
ist das fruchtbare A fest (50 Tage nach dem 
SM ersten Ostertag) und 
JE seine Volksbräuche ge- 


2} hören zu den Feierlich- 





















Chaos vor der Geburt 
des Lebendigen, aber 
schon in der Zielrich- 3 
tung auf künftige Be- 
staltwerdung. 


keiten des Mai, frei- 
lich unter kirchlichen 
Zum Maifest geht , Deckmantel. Ursprüng- 
| lich war hier einmal 
:von "Hohe Maien" die 
Rede. Statt des 1. Mai 


a7 werden viele Volks- 


der Impuls der inneren 
Kräfte schließlich ganz 
nach außen, durchbricht 
die festen Konturen des 
!bräuche auch in manchen 
ı Gegenden am 12./13. Mai 
| (sog. Alter Mai) gemäß 
! dem julianischen Kalen- 


abgegrenzten Ürganis- 
mus, um aus der Einheit 
des in sich abgeschlos- 
senen Lebens zur Le-} 
bensvielfalt zu werden. 
Das Mysterium der Zeu- 
gung, der magnetischen = 
Anziehung zwischen den 


arız | der durchgeführt. Man- 
N; che heidnischen Gruppen 
”" feiern heute das Fest 
..” am zweiten Vollmond 
5 af = nach der Frühlings- 
und Frau, das vollkom- uf F Ay Y N atagniecttgleheh an- 
mene  Hinausschleudern i ®*=. dere in der Zeit da- 
und sich Aufbäumen al- _ “nach. Im Keltentum 
ler Lebenskräfte über 
die Grenzen hinaus - 


Wesen, zwischen Mann \y 


iu! 


Großbritanniens hieß es 
beltaine (oder auch 
dies ist die eigent- 
liche Erfahrung und 
Aufgabe des Maifestes! 


beal-tine, baldein, 
beltien, beltan). 

In diesem Abschnitt 
Im alten Europa des Jahres steht die 
hatte dieses Fest viele Sonne im Zeichen Stier: 
verschiedene Namen und Pa Die MNenschen dieses 
verschiedene Zeitpunkte , Zeichens sind erfah- 
sind mit seinen Feier- £ö a Tungsgemäß gut mit den 
FB4 stofflichen Bedingungen 
des Lebens, mit seinen 


materiellen Vorrausset- 


lichkeiten verbunden. 
So gehört das noch im 
April liegende St. Be- 
orgs-Fest ebenso dazu, zungen und Notwendig- 


38 


keiten vertraut. Sie beherrschen 
die Gestaltung des Stoffes, sind 
ungeheuer arbeitsam, aber 
zugleich auch hemmungslos im 
Genießen und Auskosten aller 
Genüsse des Lebens. Dies gilt 
sowohl in sexueller als auch in 
kulinarischer Beziehung und be- 
züglich der Wahrnehmung des 
Schönen in Kunst, Mode und Land- 
schaft. Sie sind ausgeprägt 
sinnlich. 

Der Stier als Sinnbild 
ungehemmter Zeugungskraft und 
\Wollust: So wurde dieses Fest in 
alten Zeiten auch gefeiert, 
wovon die Schilderungen klerika- 
ler Mießmacher deutliches Zeug- 
nis ablegen. So berichtete ein 
protestantischer Geistlicher um 
1585 in England, "die Ausgelas- 
senheit bei der Einholung des 
Maibaums sei so groß, daß ein 
Drittel der daran beteiligten 
Mädchen ihre Ehre verliere". 
Eine oberpfälzische Polizei- 
verordnung von 1533 bezeichnet 
das Maifest kurzweg als "un- 
christliches und unflätiges 
Ding". Der Volkskundler Dr. Eu- 
gen Fehrle (in: Deutsche Feste 
und Volksbräuche, Leipzig 1920) 
bemerkt etwas verschämt: "Ver- 
einzelt sind noch Spuren eines 
ehemaligen Beilagers erhalten. 
Diese Begehungen sind zurück- 
zuführen auf das Nebeneinander- 
stellen menschlicher und vege- 
tabilischer Fruchtbarkeit." 

ihnliche Deutungen des Mai- 


festes, seiner Riten und Sinn- 
bilder finden wir auch in Fra- 
zers monumentalem \lerk "Der gol- 
dene Zweig". Volkstümliche Magie 
als Instrument wirtschaftlichen 
Zweckdenkens einer landwirt- 
schaftlich tätigen Bevölkerung - 
dies ist sicher auch ein Aspekt 
der sexuellen Riten des Mai- 
festes. Daß es hier aber noch um 
wesentlich mehr ging, nämlich 
das bewußte Erleben und Gewahr- 
werden des eigenen Körpers, sei- 
ner Kräfte und Stärken und die 
Steigerung dieser Kräfte zu 
überschäumender Lust und Ekstase 
- diese wesentliche Aufgabe des 
Festes gerät bei der Darstellung 
der Fruchtbarkeit als ökonomi- 
scher Zwecksetzung leicht in den 
Hintergrund. 


ut, 
Dan +» 











Worin bestanden nun die 
Hauptelemente des Festes und wie 
wurde es durchgeführt? Wir fin- 
den im volkstümlichen Brauch ein 
kultisches Feuer, die Errichtung 
eines heiligen Baumes, zwei Re- 
präsentanten göttlicher Urkräfte 
in männlicher und weiblicher 
Gestalt und einer Reihe initia- 
torischer, kultischer Hand- 
lungen, die sich zwischen diesen 
beiden Wesenheiten abspielen. 
Die kultischen Feuer wurden 
meist in der Walpurgisnacht ent- 
zündet, teilweise aber auch am 
1.Mai. Es heißt, daß ihr Sinn in 
der Vertreibung der Hexen be- 
stehe. Offenbar geht es hierbei 
natürlich um die Vertreibung der 
Dämonen der Unfruchtbarkeit, der 
Lustlosigkeit, der Erstarrung 
und Trägheit. Darin bestünde 
seine reinigende Wirkung. 
Gleichzeitig ist es natürlich 
auch ein Sinnbild für das Feuer 
der Leidenschaft und der körper- 
lichen Stärke der Wesen. Ebenso 
doppeldeutig ist auch das ge- 
zielte Lärmen zu Walpurgis: Auf 
der einen Seite richtet es sich 
gegen die Dämonen des Alten 
Jahres, zugleich demonstriert es 
die eigene Stärke. 

Wichtigstes "Requisit" des 
Maifestes ist der Maibaum, der 
in den allermeisten Fällen eine 
Birke war, allerdings wurden 
auch Fichten , Tannen und Linden 
benutzt. Wo nicht die Möglich- 
keit bestand, einen ganzen Baum 


zu beschaffen, gab es wenigstens 
Zweige, die verteilt oder vor 
dem Haus in den Boden gesteckt 
wurden. Meist wurde der Baum von 
der ganzen Dorfgemeinschaft ge- 
meinsam im Walde gefällt und 
dann in einer Art Prozession in 
den Ort hineingefahren oder - 
getragen. Die Rinde wurde abge- 
schält und man ließ nur den 
Wipfel des Baumes mit allen 
Zweigen und Blättern stehen. Die 
Mädchen des Qrtes schmückten ihn 
dann, nachden man ihn aufge- 
stellt hatte, mit bunten Bändern 
und Kränzen. Mitunter war der 
Maibaum aber auch die Gabe eines 
einzelnen Mannes an eine von ihm 
verehrte Frau: Er stellte ihr 
dann den Baum heimlich nachts 
vor die Tür, vor das Fenster 
oder sogar aufs Dach. Es kam 
auch vor, daß jedes in einem 
Hause wohnende Mädchen von einen 
Mann sein Bäumchen bekam oder 
daß mehrere Männer einen Baum 
für ein Mädchen aufstellten. 
Manchmal wurde der Maibaum zu 
Ehren eines Paares aufgestellt, 
das im vorigen Jahr geheiratet 
hatte. Wurde dann das erste Kind 
geboren, blieb der Baum stehen. 
Als kultischer Mittelpunkt einer 
Dorfgemeinschaft wurde der Mai- 
baum von Männern und Frauen 
umtanzt, wobei er oftmals mit 
bunten Bändern umwunden wurde. 
Man findet dafür auch,die Vor- 
schrift, daß am Tanz um den Baum 
nur jungfräuliche Mädchen teil- 


nehmen dürfen. Nach der 
Umtanzung wurde er in vielen 
Arten am darauffolgenden Tage 
gestürzt, was man später aus 
Sparsamkeitsgründen unterließ, 
so daß der Baum ständig stehen- 





Was hat es nun mit der 
Symbolik des Maibaumes auf sich? 
Es gibt hier die überraschend- 
sten Deutungsversuche: So brin- 
gen es gewisse wölkische Autoren 
fertig, in ihm ein Symbol kol- 
lektiver Ganzheit zu sehen, in 
der Zweige und Blätter stellver- 
tretend für die Individuen ste- 
hen, während der Baumstamm ihre 
Vereinigung in der Gemeinschaft 
versinnbildlicht. Dies ist na- 
türlich rein politisch gemeint 
und geht über die tatsächliche 


ältere Bedeutung des Baums als 
Sippen oder Familiensymbol 
(siehe der Begriff "Stammbaum" ) 
weit hinaus. Für Frazer ist der 
Maibaum gemäß der alten Bauern- 
weisheit, daß "zu Walpurgis der 
Saft in die Birken fährt", in 
erster Linie ein Sinnbild des 
Frühjahrswachstums, ja sogar 
eine direkte stoffliche Verkör- 
perung des Vegetationsgeistes. 
Nun belegt aber schon das ganze 
Brauchtum um den Maibaum, daß es 
hier vor allem um die Beziehung 
zwischen den Geschlechtern geht: 
Was läge also näher, als im 
Maibaum eine Verkörperung des 
männlichen Phallus zu sehen und 
in den ganzen entsprechenden 
Bräuchen eine mystische Vereh- 
rung und Präsentation seiner 
Macht? Interessant ist in diesem 
Zusammenhang auch die Beziehung 
zwischen der meist als Maibaum 
gebrauchten Birke zu der Göttin 
der Liebe und Schönheit Freya, 
die in der germanischen Rune 
"BIARK" verdeutlicht wird. 
Freyas Bruder, der Sonnengott 
FREYR, mit dem sie nach den 
Mythen auch sexuellen Umgang 
pflegte, wurde im Tempel zu 
Upsala in Schweden mit erigier- 
tem Phallus dargestellt. 

Auch wurde der Maibaum als 
"Maie" bezeichnet, was ebenso 
wie der entsprechende Monatsname 
mit einem altitalischen Wachs- 
tumsgott namens "MAIUS" zusam- 
menhängen könnte. 





Bei konsequenter Anwendung 
der Sexualsymbolik wird uns auch 
die Deutung des Kranzes nicht 
schwerfallen, der um den aufge- 
richteten Maibaum herum aufgezo- 
gen wird. 

Kommen wir nun zu den be- 
stalten, deren Betrachtung uns 
den ursprünglichen Sinn des 
Festes noch näher bringt. Es ist 
der Maikönig, Maigraf oder auch 
Maibräutigam und seine weibliche 
Ergänzung, die Maikönigin, - 
oräfin oder -braut. Beide treten 
in späterer Zeit auch getrennt 
voneinander auf. Er wird ent- 
weder durch die Gemeinschaft 
gewählt, durch einen Wettlauf, 
Wettreiten oder durch ein Wett- 
schießen ermittelt. Die anderen 
Dorfbewohner empfangen ihn ehr- 
erbietig wie einen Fürsten oder 
siegreichen Herrscher. Wie ist 
sein äußeres Erscheinungsbild 
beschaffen? Er hat oftmals ein 
geschwärztes Gesicht, trägt 
einen grünen Kranz um die 
Schultern oder ist am ganzen 
Körper mit grünem Laub bedeckt. 
Seine Laubhiille gilt als zauber- 
kräftig. Gelegentlich wmreitet 
man auch mit ihm gemeinsam die 
Kornfelder. 

Die Maibraut oder auch 
Pfingstbraut tritt vor allem in 
Norddeutschland allein auf. Sie 
streut Blumen auf die Wege und 
vor die Türen. Nahe der Wartburg 
gibt es den Brauch, daß die in 
Laub gehüllte Pfingstbraut mit 


einem Mädchen aus jedem Haus ein 
Tänzchen macht. 

Ausgssucht wird,sie., meist 
nach den Kriterien der Schönheit 
und Tüchtigkeit. 

Treten beide (Maigraf und 
Maigräfin) zusammen auf, so gibt 
es eine ganze Reihe von Ritua- 
len, die deutlich machen, daß 
sich hier so etwas wie eine 
Finweihung abspielt, bei der die 
Frauen meist aktive, priesterli- 
che Funktionen ausüben. 

So gibt es einen Brauch, 
bei dem sich der Bräutigam 
schlafend stellt, um anschlie- 
ßend von der Braut geweckt zu 
werden. 

Auch stellt sich der Bräu- 
tigam tot und wird dann von der 
Braut zu neuem Leben erweckt. 
Für Männer, die von ihrer Braut 
verlassen wurden, gibt es zum 
Maifest folgendes Ritual: Der 
Mann wird in grünes Laub einge- 
hüllt, legt sich auf die Erde 
und stellt sich schlafend. Ein 
Mädchen, das ihn gern heiraten 
möchte, "weckt" ihn, reicht ihm 
den Arm und eine Fahne und zieht 
mit ihm ins nächste Wirtshaus. 

Fin mit Laub und einer 
Maske  bekleideter Mann (sog. 
"yasservogel") wird von zwei 
Frauen an einem Gewässer in 
Empfang genommen, um ihn nach 
Beseitigiaung seiner Maske zu 
waschen. Darauf legt er seine 
Arme um ihre Nacken und wird 
dreimal unter Wasser getaucht. 


Sehr aufschlußreich ist 
auch das sog. "Dreckschwein- 
fest", das zu Pfingsten im Süd- 
harz gefeiert wird: Die Männer 
gehen in grobes Sackleinen ge- 
hüllt zu einem Teich und ver- 
suchen, sich gegenseitig hinein- 
zustoßen. Danach begeben sie 
sich ins Dorf zurück und er- 
scheinen dort mit neuen, weißen 
Gewändern und bunten Bändern. 

Wenn wir angesichts dieser 
seltsamen Riten an die alte 
Vorstellung denken, daß der 
Lichtgott im Schoß der Erdmutter 
zur \Wintersonnenwende wiederge- 
boren wird, so schien man zur 
Zeit des Maifestes wahrzunehmen, 
wie der Impuls dieses Gottes in 
Form der zahllosen Keime, Knos- 
pen und des frischen Grüns aus 
der Unterwelt an die Erdober- 
fläche emporstößt, wobei es die 





Göttin der Morgenröte ist, die 
ihm zur Frühlings-Tagundnacht- 
gleiche die Kraft dafür zuströ- 
men läßt. 

Demzufolge haben wir beim 
Osterfest auch das Ei als Sinn- 
bild, in dem nach altindischer 
Überlieferung der Urgott verbor- 
gen ist. Wenn das Ei zerbricht, 
die eine Hälfte zum Himmel, die 
andere zur Erde wird, findet die 
Erschaffung der Welt statt. Eben 
dieses Heraustreten eines Gottes 
aus dem Schöpfungskeim (=Ei) 
erleben wir im Anschluß an das 
Osterfest mit dem Maifest. In 
dieser Zeit findet auch die 
Neuschöpfung des Lebens in der 
Natur statt. 

5o wären Maigraf und -gräfin 
die Repräsentanten göttlicher 
Urkräfte, die sie natürlich nur 
dann würdig verkörpern, wenn sie 
eine starke innere Beziehung zu 
diesen Wesenheiten entwickeln. 
Der Maigraf oder -künig ist also 
der Sonnengott, der nach seiner 
Geburt aus der Unterwelt zurück 
auf die Oberwelt wandert, wo er 
seine Pubertät durchmacht und 
die jugendliche Zeugungskraft 
aewinnt. Seine Braut ist die 
Göttin des neuen Lichtes 
EOSTRAE/OSTARA/FREYA, mit der er 
sich in Liebe und Ekstase ver- 
bindet. So gesehen bedarf natür- 
lich auch das Umwinden des Mai- 
baumes mit Bändern (der sog. 
Bandltanz) einer vertieften 
sexualsymbolischen Deutung. In 








ihrer menschengestaltigen Be- 
deutung ist diese Göttin die 
Jungfrau, die ebenso ihre ersten 
Erfahrungen körperlicher und 
sexueller Bewußtwerdung macht, 
wie auch der junge Lichtgott. 
Auf diesem Hintergrund ist dann 
auch der Brauch des sogenannten 
Mailehens zu verstehen, bei dem 
Mädchen und Jungen füreinander 
ausgelost oder versteigert wer- 
den. Dies geschieht unter dem 
Maibaum oder beim Maifeuer. Die 
von jetzt an zusammengehörigen 
Paare beschenken sich gegensei- 
tig während des Jahres, gehen 
gemeinsam zum Tanz und zu allen 
Dorffestlichkeiten. Ihre Part- 
nerschaft galt zunächst nur für 
ein Jahr, obwohl sich daraus 
natürlich oft eine Art Verlobung 
entwickelte. So nennt man diesen 
Monat zu Recht den Iılonnemonat, 
da sich in ihm nicht nur die 
Vegetation und die Tierwelt, 
sondern auch die Herzen der 
Menschen in Lust und Liebe ent- 
falten. Nun noch einige nütz- 
liche Ratschläge aus der Weis- 
heit des Volkes: Mairegen und 
Maitau sind heilkräftig (u. a. 
gegen Augenleiden) und bringen 
Schönheit. Per Maitau insbeson- 
dere, wenn man sich nackend 
darin wälzt. Wer sich zu Wal- 
purgis einen Kranz von Gunder- 
mann aufsetzt, kann alle Hexen 


sehen. Ein Mittel, um Geheimnis- 
sen auf die Spur zu kommen: Man 
gräbt in der Mainacht, schweigend 


einen Spiegel mit dem Glas nach 
unten auf einem Kreuzweg ein und 
holt ihn in der nächsten Nacht 
zwischen 11.00 und 12.00 Uhr 
wieder, wobei man dann alles in 
ihm sehen kann, z.B. jeden Dieb- 
stahl. 

Die NWalpurgisnacht gilt 
übrigens auch als Losnacht, d.h. 
man kann in ihr zukünftige Dinge 
mittels Orakel erfahren. 

Um das Fest heute auf die 
rechte Art und Weise zu begehen, 
sollte man vielleicht einen Baum 
als Maibaum auswählen, den man 
während der Feier dort stehen 
läßt, wo er gewachsen ist. 

Der Maikönig und die Maikö- 
nigin sollten sich natürlich 
schon einige Zeit vorher inten- 
siv mit den Gottheiten auseinan- 
dersetzen, um diese auf dem Fest 
wirklich repräsentieren zu kön- 
nen, d. h. von ihrer Kraft be- 
sessen zu sein. Es wäre schließ- 
lich schade, wenn das Maifest 
nicht mehr wird als ein harın- 
loser Volkstanz um den Maibaum 
mit anschließendem Umtrunk. 


Matthias Wenger 


THELEMA 


- oder gibt es noch eine Heilige Inquisition in unserem Land? 


Grundsätzlich hat jeder 
Mensch in diesem Lande 
ein unveräußerliches 
Recht auf seine eigene 
religiöse Anschauung, 
auf Glaubens-, Bekennt- 
nis- und Gewissensfrei- 
heit (Art. 3, Abs. 3 und 
Art. 4, Abs. 1, 2 des 
Grundgesetzes). Und er 
darf nach dem Buchstaben 
des Gesetzes deswegen 
auch nicht benachteiligt 
oder gar verfolgt werden. Aus 
diesem Grunde gibt es in der 
Bundesrepublik Deutschland auch 
keine Staatskirche und keinen 
staatlich verordneten Glaubens- 
zwang, wie er uns aus früheren 
Phasen deutscher Geschichte 
wohlvertraut ist. 

Entschließt sich nun ein 
Einzelner oder eine Bemeinschaft 
von Menschen, einen bestimmten 
geistigen Weg, einer eigenen 
religiösen Weltsicht zu folgen, 
so haben Staat und Gesellschaft 
die beste Möglichkeit, ihre To- 
leranz konsequent unter Beweis 
zu stellen. 

Der vorliegende Fall "The- 
lema" zeigt deutlich, wie schwer 
es sein kann, den gesellschaft- 
lichen und kirchlichen Instanzen 
diese Toleranz abzuringen, ja 








SE — 
a I 





wie sehr unser Staat noch mit 
Verfahrensweisen behaftet ist, 
die in einer republikanischen 
Ordnung eigentlich tabu sein 
müßten. 


Beginnen wir mit einer 
kurzen Darstellung dessen, was 
Thelema eigentlich ist, um dann 
zu schildern, wie die politisch- 
publizistisch-kirchliche Umwelt 
darauf reagierte. 

Thelema, heute nach Aussage 
des Ordensgründers Michael 
Eschner als Ordensorganisation 
nicht mehr existent, war ein 
magisch ausgerichteter Ürden, 
der Anfang der Achtziger Jahre 
in Berlin begrindet wurde. Hier 
fand er damals auch seine ersten 
Anhänger. "Thelema" ist ein Be- 
griff, der aus dem Griechischen 
stammt und soviel wie "Wille" 








bedeutet. Er war die zentrale 
Devise des berühmten englischen 
Magiers und Okkultisten Aleister 
Crowley, der von 1875-1947 lebte 
und ein komplexes System kabba- 
listisch-mythologischer Symbolik 
und eine Vielzahl magischer 
Techniken und Rituale entwickel- 
te. 


7 
ER 


) 
nn, 





Er war zwar in seiner Ar- 
beit ungeheuer schöpferisch und 
gab viele neue Impulse, doch war 
Crowley in entscheidender Weise 
geprägt worden durch den Orden 
der goldenen Morgendämmerung, 
der im England des ausgehenden 
19. Jahrhunderts die alchemisti- 
schen, astrologischen und kabba- 
listischen Traditionen wieder- 
belebte. Die altägyptische Reli- 
gion und ihre mythische Symbolik 
spielte in diesem Orden eine 
große Rolle - im Grunde einer 


46 


der ersten Ansätze zur Renais- 
sancee des heidnischen Poly- 
theismus, wie er erst heute 
langsam zum Tragen kommt. Dane- 
ben war es der Orden der Templer 
vom Orient (0.T.0), dessen se- 
xualmagische Symbolik Crowley 
schon selbst erarbeitet hatte, 
bevor man ihn in den Orden auf- 
nahm und ihm darin eine Füh- 
rungsrolle zugestand. 

Es waren aber auch andere 
Mysterien, die Crowley beschäf- 
tigten, und in sein magisches 
Entwicklungssystem einflossen, 
wie z.B. die keltische Gralstra- 
dition, das chinesische I-Ging, 
der Tarot und die Übungen des 
Yoga. Schließlich baute Crowley 
seinen eigenen Orden auf, die 
ASTRA ARGENTEA, in die er dann 
all sein praktisches und theore- 
tisches Wissen investierte. Aus 
seinen mystischen Erfahrungen 
heraus wie z.B. der angeblichen 
Offenbarung des Buches des Ge- 
setzes ("Liber Al vel Legis") im 
Jahre 1904 in Kairo, entwickelte 
Crowley eine für ihn wichtige 
Erkenntnis: Daß es im tiefsten 
Inneren jedes Menschen ein Ge- 
setz gibt, das die eigentliche 
Triebkraft seiner kosmischen 
Existenz darstellt. Dieses 
innere Gesetz bezeichnete er als 
"den wahren Willen", oder symbo- 
lisch ausgedrückt den heiligen 
Schutzengel des Menschen. Er 
formulierte auf der Grundlage 
dieser Erkenntnis den berühmten, 


oft bewußt mißverstandenen Satz: 
"Tu was Du willst - dies soll 
sein das ganze Gesetz", aber 
auch: "Jeder Mann und jede Frau 
ist ein Stern", um damit deut- 
lich zu machen, daß jeder Mensch 
sein eigenes Gesetz der Bewe- 
gung, seine eigene Bahn der 
Entwicklung durch die Unendlich- 
keit habe. 

Unglückseligerweise ist 
aber dieses innere Gesetz, der 
wahre Wille, unter einem Riesen- 
schutthaufen von angenommenen 
oder auferlegten Rollen, von 
Masken, von Pseudo-Identitäten, 
die sich die Menschen im Laufe 
ihrer Inkarnationen aufgebürdet 
haben, begraben. Nach diesen 
einmal aufgenommenen Rollenspie- 
len entwickeln sich die Menschen 
mit der Folgerichtigkeit von 
lebendigen Maschinen, unter de- 
ren Rädergewirr ihre göttliche 
Identität ohnmächtig dahin- 
schlummert. Es geht nun bei 
Crowleys Arbeit darum, dem wah- 
ren Willen wieder Gehör zu ver- 
schaffen, ihn zu einem wirk- 
lichen souveränen Zentrum 
selbstbestimmten Handelns werden 
zu lassen, in dem er allen äuße- 
ren Einflüsterungen angeblich 
gesellschaftlich verbindlicher 
Normen entsagt. Dieses Verspre- 
chen vollkommener Freiheit hat 
Crowley unter anderem den Ruf 
eines Propheten des Individual- 
Anarchismus eingetragen - obwohl 
seine Vorstellungen eigentlich 


nur die konsequente Anwendung 
mystischer Prinzipien sind. 





Um nun die angemaßte oder 


aufgezwungene Pseudoidentität 
und ihre Normen in der augen- 
blicklichen Inkarnation zu 


durchbrechen, empfiehlt Crowley 
Übungen und Techniken, um diese 
in Frage zu stellen. Denn an 
der Stelle, an der ein Riß in 
der "Maske" entsteht, könnte ja 
das wahre innere Gesetz des 
Menschen hervorbrechen, das sich 
solange verborgen gehalten hat, 
Zur Erreichung dieses Ziels 
hat Crowley eine ganze Reihe von 
Übungen empfohlen, die den Men- 
schen in seiner körperlichen, 
seelischen und geistigen Lei- 
stungsfähigkeit an die Grenze 
dessen führen sollen, was er in 
seiner gegenwärtigen Inkarnation 


47 


als feste Norm entwickelt hat. 
Hat z.B. jemand die Vorstellung 
entwickelt, daß sein Körper 
schwach und sensibel ist, so 
empfiehlt Crowley die bewußte 
Durchbrechung eines solchen 
Tabus mit entsprechend belasten- 
dem Training. Es geht darum, die 
augenblicklich geprägte Form der 
karmischen Situation zu "zerstü- 
ckeln", um eine Neuprägung vor- 
zunehmen. Durch die Bewegung, 
die dadurch in die starre WWesen- 
heit des Pseudo-Ich der Gegen- 
wart gerät, erhofft man sich 
dann ein Erwachen und einen 
schließlichen Durchbruch des 
wahren Ichs, eben des wahren 


Willens. 





wir dieses n 





Ilenn 
konsequenterweise auch auf das 
Gebiet des Sexuellen oder auf 
die Gefühlsebene übertragen, SO 
wird schnell die Entrüstung 
deutlich, mit der schließlich 
nicht nur puritanisch-klerikales 
Bürgertum, sondern auch die 
"yeißmagischen" Soft-Esoteriker 
auf Crowleys dementsprechende 
Praktiken reagierten. Wer die 


sanfte, evolutionäre Transforma- 
tion des Menschen durch ein 
höheres Bewußtsein. „erstrebte, 
konnte Crowleys Konzept leicht 
als "Horrortrip" des "linken 
Pfades" identifizieren. 





Rufes hat sich Crowley dadurch 
einen Namen gemacht, daß er an 
Esoterik interessierte Menschen 
nicht nur zu endlosen Diskussio- 
nen, sondern auch zum aktiven 


Handeln ermutigt hat. 

Nach seinem Tode gab es 
eine ganze Reihe von Gruppen, 
die sich tatsächlich oder vor- 
geblich um die Fortführung sei- 
ner Arbeit bemühten. Besonders 
natürlich im angloamerikanischen 
Bereich, aber auch im deutschen 
Sprachraum, wobei der 0.T.D. 
Frankfurt (mit dem Illuminaten- 
orden), der 0.T.0. Zürich mit 


der Gnostisch-Katholischen Kir- 
che und der deutsche Orden Fra- 
ternitas Saturni zu erwähnen 
sind. In den Siebziger Jahren 
entstanden daraus dann eine 
Reihe von Abspaltungen und Neu- 
gründungen, was wohl z.T. auch 
aus dem Generationskonflikt re- 
sultierte. 

Michael Eschner fühlte sich 
u.a. deshalb zur Ordensgründung 


von Thelema berufen, weil er 


sich für die Reinkarnation Crow- 
leys hält. Seine Neuinterpreta- 
tion der Lehren Crowleys beruhte 
u.a. auf dem Vergleich mit zeit- 
genössischen tiefen- und gesell- 
schaftspsychologischen Systemen 
(Freudsche und Jungsche Psycho- 
analyse, Transaktionsanalyse) 
und auch auf der Erkenntnis, daß 
sich die Situation der Menschen 
allein durch die Veränderung 
gesellschaftlicher Mechanismen 
nicht wesentlich bessern würde. 
Insofern zählt Eschner (heute 
39jährig) zu jener Vielzahl von 
Exponenten der B6Biger-Revolte 
und -Generation, die die Notwen- 
digkeit selbstgestalteter mysti- 
scher Transformation anstelle 
bloßer sozialrevolutionärer Pro- 
gramme für das Entstehen eines 
neuen Zeitalters erkannt haben. 
Vielleicht ist es diese verbor- 
gene, individuelle Sprengkraft 
für das zwanghafte Gefüge 
unseres gesellschaftlichen Orga- 
nismus, die die Gegner bald mit 
größter Bewußtheit auf den Plan 


rufen sollte. Interessant ist 
z.B. schon einmal die undiffe- 
renzierte Betrachtungsweise 
zahlreicher Presseorgane, die 
sich bei anderen religiösen 
Institutionen wie den großen 
Kirchen meist krampfhaft um Db- 
jektivität bemühen. Obwohl z.B. 
Crowleys Lehre einen differen- 
zierten Polytheismus beinhaltet, 
wurde der Orden Thelema pauschal 
als Gruppe eingestuft, die sich 
der Teufelsanbetung verschrieben 
hätte. 

So ist Thelema für die 
Zeitschrift "Quick" eine Gruppe 
von "Satansverehrern", für die 
eher linksliberale Frankfurter 
Rundschau eine "Satanssekte" 
oder ein "Teufelsclub". Des Be- 
griffs "Satanssekte" bedienen 
sich auch das Volksblatt Berlin, 
die BZ und natürlich die Bild- 
Zeitung (beide Springer). 

Es ist schon eigenartig, 
daß auch scheinbar ganz vonein- 
ander unabhängige Zeitungen 
unterschiedlicher Ausrichtung 
bei diesem Gegenstand genau die 
gleiche Tonlage finden. 

Folgt man der Darstellung 
der Ordensmitglieder Michael 
Eschner und Joerg Roestel in 
einem Gespräch mit der HAIN- 
Redaktion, so scheint es nicht 
allzu schwer, die richtigen 
Querverbindungen und Impulsgeber 
in der Front der Ordensgegner 
aufzufinden. 

Im Jahre 1983 hatte die 





eingetragene Gemeinschaft "The- 
lema-Orden des Argentum Astrum 
e.V." ein Ordenshaus in Berlin- 
Moabit (Quedlinburger Str. 2) 
bezogen, in das anfangs 11 Leute 
übersiedelten und in dem zeit- 
weise bis zu 25 Personen wohnten 
und lebten. Das Haus, eine für 
3500 DM im Monat gemietete Vil- 
la, war als "Abtei" Mittelpunkt 
der spirituellen Arbeit wie auch 
der wirtschaftlichen Grundlage 
des Ordens, eines Buchverlages 
und Versands. In dem Verlag sind 
inzwischen zahlreiche Werke von 
und über Crowley und zum Thema 
Magie erschienen. 1983 hatte der 
Orden ca. 30 aktive Mitglieder, 
die zumindest zeitweise im Or- 
denshaus lebten, sowie 3-4 
Außengruppen mit jeweils 10 bis 
20 Leuten. Schon dies macht 
deutlich, daß der Einzug ins 
Ordenshaus durchaus eine frei- 
willige Entscheidung der betref- 
fenden Mitglieder war und nicht 
auf einer Zielsetzung der Ür- 
densleitung beruhte, bewußt Men- 
schen von ihrer Umwelt zu iso- 
lieren. 

Vom Sommer 1983 bis zum 
Sommer 1985 existierte die 
"Abtei", zwischen Mai und Dkto- 
ber 1985 war sie von den meisten 
Bewohnern schon wieder verlassen 
worden. Entsprechend der 
Grundeinstellung der thelemi- 
tischen Philosophie (Crowley 
hatte öfter vom "dunklen Zeital- 
ter des Christentums" in seinen 


50 


Schriften gesprochen) war natür- 
lich die Kirche schon früh auf 
Thelema aufmerksam geworden. 

So fand die erste Kon- 
taktaufnahme des Sektenbeauf- 
tragten der Evangelischen Kirche 
Berlin Brandenburg, Pfarrer 
Thomas Gandow, laut Eschner im 
Jahr 1982 statt. Damals hatte 
sich dann Eschner nach eigener 
Aussage auch bereit erklärt, im 
Rahmen einer kirchlichen Veran- 
staltung einen Vortrag über The- 
lena und auch über seine 
Stellung zum Christentum zu hal- 
ten. Den 40 anwesenden Sekten- 
pfarrern aus allen Teilen der 
Bundesrepublik müssen die Ohren 
geklungen haben, als Eschner 
abschließend die verschmitzte 
Anmerkung machte:"Heilige haben 
eine Vergangenheit, Sünder eine 
Zukunft". 





Trotz dieser ausreichenden 
Informationsmöglichkeit, bei der 
er eigentlich alles Wichtige 
über den weltanschaulichen 
Hintergrund des Ordens hätte 
erfahren können, schien Gandow 
nun erst recht unruhig zu 
werden. Er schrieb kurzerhand 
einen Brief an den damaligen 
Innensenator Lummer, mit der 
Bitte, Thelema zu überprüfen. 
Des Weiteren, so weiß Eschner zu 
berichten, versetzte Gandow über 
eine Elterninitiative einige 
Eltern von Ordensmitgliedern in 
Panik, wobei die verbreiteten 
Horrorgeschichten aus dem Ür- 
densleben niemals eindeutige 
Fakten beinhalteten. Meist hieß 
es in den Sektenberatungsstellen 
nur, "man hätte gehört", daß 
dort "diese oder jene" Praktiken 
betrieben werden (z.B. als an- 
gebliches Ekeltraining das Ver- 
zehren von Kot, Gebrauch exoti- 
scher Drogen, Folterkeller). Das 
Einspannen der Eltern für kir- 
chenpolitische Ziele ist in- 
sofern besonders kurios, als der 
Orden generell nur Voll jährige 
aufnahm. Bei den Ritualen und 
Übungsabenden sollen niemals 
unter 16 jährige anwesend gewesen 
sein. Haben die Protestanten 
hier etwa ein gestörtes Verhält- 
nis zur Religionsmündigkeit, die 
ja bekanntlich schon vor der 
Volljährigkeit eintritt? 

Nachdem das kirchliche Kes- 
seltreiben ungeachtet der Reli- 


Martin Coleman 


gionsmündigkeit der praktizie- 
renden Thelemiten nicht abriß, 
wurde Gandow im Frühjahr 1984 
von Eschner zum Besuch der Abtei 
eingeladen, um sich selbst ein 
objektives Bild von den Vorgän- 
gen des Ordenslebens zu machen. 
Er erschien auch, in Begleitung 
von zwei Vikaren, diskutierte 
mit den Ordensmitgliedern und 
zitierte eifrig aus der Offen- 
barung Johannes über den "Anti- 
christen". Doch auch dieses 
offene Gespräch mit dem klerika- 
len Sektenschnüffler fruchtete 
nichts. Vielmehr fühlte sich 
Gandow bemüßigt, einen zweiten 
Brief an den Innensenator zu 
schreiben, in dem er auf Klagen 
von Eltern bezugnehmend, eine 
Isolation der Ofrdensmitglieder 
beklagte. Und obwohl das Zeital- 
ter der Inquisition nun schon 
einige Jahrhunderte zurück 
liegt, forderte Gandow vom In- 
nensenator sogar ein Verbot des 
Ordens! 


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